DIE WALDRODUNG IM SANDDICKICHT SCHAFFT VOLLENDETE TATSACHEN – AUCH VOR GERICHT
Die vom Bund Naturschutz (BN) beantragte Normenkontrolle wurde für erledigt erklärt. Das ist das Ergebnis einer Pattsituation vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München(VGH). Einerseits hat das Gericht klargestellt, dass der von der Stadt Roding vorgelegte Bebauungsplan unzulässige formale Mängel aufweist. Andererseits wurde aber auch die Zulässigkeit der BN-Klage in Frage gestellt, da bereits ein Großteil der Biotopflächen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes zerstört wurden.
Die als Sanddickicht bekannte Waldgesellschaft ist auf Grund ihres Standortes, der Bestockung und der flechtenreichen Bodenvegetation äußerst selten und ökologisch höchst wertvoll. Das betroffene Waldbiotop war nach dem Bundesnaturschutzgesetz, gemäß §30 Absatz 2, auch unter Schutz gestellt. Dieser Schutzstatus wurde jedoch von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Cham mittels einer Ausnahmegenehmigung aufgehoben. Die Naturschutzbehörde bestätigte damit den Antrag des Bürgermeisters, Herrn Reichhold, der ein „übergeordnetes öffentliches Interesse“ darin sah, die wirtschaftliche Entwicklung seiner Stadt mit einem neuen Industriegebiet im Flechtenkiefernwald zu sichern. Diese Ausnahmegenehmigung bietet eine Hintertür, um den staatlichen Naturschutz zu umgehen, und ist vor Gericht nicht angreifbar.
Da der Mitteleuropäische Flechten-Kiefernwald zugleich ein Lebensraumtyp (91T0) des Anhangs I der Fauna Flora Habitat Richtlinie ist, und im Sanddickicht und seiner Umgebung ein sehr bedeutendes Vorkommen hat, müsste das gesamte Gebiet als Schutzgebiet ausgewiesen werden. Die erteilte Ausnahmegenehmigung berührt den sich daraus ergebenen Schutzstatus jedoch nicht.
In diesem Punkt stärkte das Gericht die Position des BN. Strittig ist nämlich die Frage, ob das Land Bayern ausreichend Flächen dieser bedeutenden Flechtenkieferbestände als FFH-Gebiete an die EU gemeldet hat. Nach Ansicht des BN ist das Sanddickicht als potentielles FFH-Gebiet einzustufen, was auch eine entsprechende FFH-Verträglichkeitsuntersuchung bei Eingriffen notwendig macht, dieses hat die Stadt Roding jedoch unterlassen. Die vorsitzende Richterin wollte die Position der Stadt Roding in dieser Frage nicht mittragen und stellte auch die Einstellung der Bay. Staatsregierung zu dieser Thematik in Frage.
Für den BN ist der Ausgang dieser Verhandlung trotzdem völlig unbefriedigend. Auch wenn das nicht die Intention des Gerichtes war, so wurde doch das umstrittene Vorgehen der Stadt Roding im Nachhinein belohnt, während die Gemeinwohlbelange des Biotopschutzes mit der Rodung des Waldbiotopes mit Füßen getreten wurden.
Jürgen Mistol übt scharfe Kritik an der Antwort der Bayerischen Staatsregierung
Aufgrund der Rodungen im Waldbiotop "Sanddickicht" durch die Stadt Roding (siehe Presseartikel im Anhang) stellte Jürgen Mistol, Grüne Landtagsabgeordneter aus der Oberpfalz, eine Anfrage an die Bayerische Staatsregierung. Die Antwort (siehe unten) ist allerdings mehr als unbefriedigend.
"Die Antwort ignoriert eindeutig den Auftrag der Bayerischen Verfassung und auf die eigentliche Frage, warum nach Bundesnaturschutzgesetz und wahrscheinlich sogar nach Europarecht geschützte Biotope gerodet werden, geht sie überhaupt nicht ein",kritisiert Jürgen Mistol die Reaktion der Staatsregierung.
Die Bayerische Verfassung sieht in Artikel 141 eindeutig den Schutz des Waldes aufgrund seiner besonderen Bedeutung für den Naturhaushalt vor. Wenn das Bayerische Waldgesetz Rodungen von Waldbiotope zulässt, dann ist das Gesetz löchriger als ein Schweizer Käse. Es gehört auf den Prüfstand und geändert.
Bei dem Waldgebiet handelt es sich gemäß amtlicher Biotopkartierung überwiegend um einen "Flechtenreichen Mooskiefernwald", der gemäß § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes geschützt ist, wie auch der Bund Naturschutz schon festgestellt hatte. "Die Bayerische Staatsregierung verhält sich hier wie die sprichwörtliche Axt im Walde", so Jürgen Mistol abschließend.
europaticker: |
Stadt Roding schafft vollendete Tatsachen ohne Rücksicht auf ausstehende Gerichtsentscheidung BUND Naturschutz protestiert gegen Rodungen im Waldbiotop "Sanddickicht" |
Mit einer Protestaktion vor Ort haben Vertreter der Kreisgruppe Cham des BUND Naturschutz (BN) gegen die Rodungen im Waldgebiet "Sanddickicht" in der Stadt Roding, Lkr. Cham, ihre Empörung über diese Vorgänge deutlich gemacht. Unterstützt wurden sie dabei von Reinhard Scheuerlein, dem Regionalreferenten des BUND Naturschutz für die Oberpfalz.
Obwohl eine Gerichtsentscheidung zur Gültigkeit des Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet und eine Baugenehmigung noch ausstehen und obwohl die Stadt Roding schon bislang über eine Vielzahl von Gewerbebetrieben verfügt, wurden durch die Rodung von 1,6 Hektar Waldfläche bei Altenkreith nun vollendete Tatsachen geschaffen. Der BUND Naturschutz verurteilt dieses Vorgehen und sieht darin einen bayernweiten Tiefpunkt bei kommunalen Flächenplanungen erreicht.
Nachdem die Stadt Roding einen Bebauungsplan zur Schaffung eines Gewerbegebiets für ein 6,4 Hektar großes Waldgebiet bei Altenkreith aufgestellt hatte, reichte der BN im März 2016 eine Normenkontrollklage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Zum Schutz des Waldes beklagte der BN zudem einen Bauvorbescheid des Landratsamtes Cham, mit dem die erste Klage unterlaufen werden sollte. Bislang gab es in beiden laufenden Verfahren noch keine Entscheidungen.
Bei dem Waldgebiet handelt es sich gemäß amtlicher Biotopkartierung überwiegend um einen "Flechtenreichen Mooskiefernwald", der gemäß § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes geschützt ist. Robert Kurzmann, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Cham, und sein Stellvertreter Roger Mayer kritisieren, dass das Landratsamt Cham von diesem Schutz eine Befreiung erteilt hat, mit deren Hilfe nun der Wald gerodet wird. Und dies, obwohl es noch nicht einmal eine Baugenehmigung für das geplante gewerbliche Vorhaben gibt.
Auch unabhängig von seiner Eigenschaft als Biotop hält es der BN für ein Unding, dass hier staatlicher Wald zur Anlage eines Gewerbegebiets geopfert wird. Gerade der Wald im öffentlichen Eigentum muss nach Auffassung des BN erhalten und in seinen natürlichen Funktionen für das Gemeinwohl gestärkt werden. Als späte Auswirkung der bayerischen Forstreform, gegen die ein Volksbegehren im Jahr 2004 knapp gescheitert ist, sieht Reinhard Scheuerlein, Regionalbeauftragter des BUND Naturschutz für die Oberpfalz, die an den Tag gelegte Vorgehensweise.
Als Verantwortliche dafür sieht der BUND Naturschutz Landwirtschafts- und Forstminister Brunner und Finanzminister Söder, die solche Verkäufe staatlicher Waldflächen stoppen könnten.
Darüber hinaus wurde erst vor kurzem öffentlich bekannt, dass der Flächenverbrauch durch die Schaffung von Bau- und Verkehrsflächen in den letzten Jahren in der Oberpfalz besonders stark zugenommen hat. Wie das bayerische Landesamt für Statistik mitteilte, lagen die Zuwachsraten beim Betonieren und Asphaltieren in der Oberpfalz zuletzt stets über dem (ohnehin viel zu hohen) bayernweiten Durchschnitt.
Vor dem Hintergrund dieses erneuten Negativbeispiels in der Stadt Roding fordert der BUND Naturschutz von der Bayerischen Staatsregierung endlich wirksame Maßnahmen gegen den galoppierenden Flächenverbrauch, der mehr und mehr zur Zerstörung gewachsener Heimatlandschaften in Bayern führt. Absolut kontraproduktiv ist daher die von Finanzminister Söder verfochtene Lockerung des Anbindegebots in der räumlichen Planung, durch die in Zukunft Gewerbegebiete auch abseits bestehender Ortslagen geschaffen werden könnten.
erschienen am: 2016-11-28 im europaticker
BUND NATURSCHUTZ LÄSST RODINGS BEBAUUNGSPLAN FÜR DAS SANDDICKICHT VOM VERWALTUNGSGERICHT PRÜFEN
Der Bund Naturschutz (BN) beantragt den Bebauungsplan zur
Erweiterung des Industriegebietes bei Roding-Altenkreith über eine
Normenkontrolle vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in
München(VGH) für unwirksam zu erklären. Der BN ist der Ansicht, dass
die Stadt Roding, im Rahmen des oben genannten Bauleitverfahrens,
übergeordnete Rechtsvorschriften missachtet hat und will dies vor dem
VGH prüfen lassen. Die mit dem beklagten Bebauungsplan verbundene
Erweiterung des Industriegebietes Sanddickicht, würde den Totalverlust
eines höchst wertvollen Waldbiotopes zur Folge haben.
Die als Sanddickicht bekannte Waldgesellschaft ist auf Grund ihres
Standortes, der Bestockung und der flechtenreichen Bodenvegetation
äußerst selten, ökologisch höchst wertvoll und für den Naturschutz
praktisch unersetzlich. Daher ist der betroffene Sandkiefernwald nach
dem Bundesnaturschutzgesetz gemäß §30 Absatz 2 auch unter Schutz
gestellt. Darüber hinaus ist dieser Lebensraumtyp als Mitteleuropäischer
Flechten-Kiefernwald (91T0) im Anhang 1 der europäischen Fauna Flora
Habitat Richtlinie aufgeführt.
Nachdem 2008 Bürgermeister Reichold aus Roding den Plan bekannt
machte, ein Industriegebiet in ein gesetzlich geschütztes Waldbiotop
hinein zu planen, klingelten bei den Naturschutzverbänden und
Naturschutzbehörden die Alarmglocken. Bislang haben sich jedoch alle
vergebens darum bemüht, dieses Vorhaben im Rahmen des
Bauleitverfahrens zu stoppen.
Bürgermeister Reichold versuchte stattdessen die öffentliche Aufregung
mit dem Versprechen von großzügigen Ausgleichsmaßnahmen zu
beruhigen und stellte diese Option auch in einem dafür durchgeführten
Ratsbegehren zur Abstimmung. Inzwischen sind die im Ratsbegehren
versprochenen „… naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen“ nicht
mehr im Bebauungsplan enthalten sondern nur noch sog.
Ersatzmaßnahmen aufgeführt. Für den BN hat damit die Stadt Roding
das Ratsbegehren 2009 mit nicht zu haltenden Versprechungen zu
seinen Gunsten beeinflusst.
Hinzu kommt, dass die Stadt Roding das geplante Industriegebiet im
Sanddickicht ohne Rechtssicherheit interessierten Unternehmern
anbietet. Es ist bekannt, dass die EU gegen Deutschland ein
Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, weil auch Bayern die EURichtlinien
zu Natura2000 nicht umsetzt. Deutschland wurde aufgefordert, die Standorte von Sandkiefernwäldern nachzumelden, zu denen auch das Sanddickicht gehört.
Der BN will nicht Industrieansiedlung verhindern, sondern wertvolle
Biotope erhalten. Der Erhalt von gesetzlich geschützten Biotopen ist
eigentlich die Aufgabe der im Landkreis zuständigen Behörden. Wir
befürchten einen Dammbruch in der Genehmigungspraxis im Landkreis
Cham und eine Missachtung bestehender Richtlinien und Rechtsnormen
durch die Stadt Roding. Für den BN ist daher eine objektive
Rechtskontrolle durch ein Normenkontrollverfahren am Münchner
Verwaltungsgerichtshof ein notwendiger Schritt zur Klärung in dieser
Sache.
Roger Mayer
2. Vorsitzender
Kreisgruppe Cham
Sanddickicht - ein Waldbiotop in Not
Obwohl in Roding weiter über 30 ha Industrie- und Gewerbeflächen verfügbar sind, will die Stadt im „Sanddickicht“ bei Altenkreith ein weiteres 30 ha großes Industriegebiet ausweisen. Dafür sollen 21 Hektar unersetzlicher Weismoos-Kiefernwald zerstört werden, der nicht nur nach Art. 13d Bayer. Naturschutzgesetz besonders geschützt ist, sondern auch eines der letzten Refugien für äußerst seltene Arten (z.B. Schlingnatter, seltene Flechten und Moose) darstellt. Schützenhilfe bekommt die Stadt auch noch von Kreistag und Landratsamt, wo man zugunsten dieses neuen Industriegebietes nicht nur die Grenzen des Landschaftsschutzgebietes ändern, sondern mit neuen Bestandserhebungen sogar eine Herabstufung der Biotopflächen ermöglichen will.
Wir werden alles daran setzen, einen Präzedenzfall „Sanddickicht“ mit fataler landesweiter Signalwirkung zu verhindern.