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20.12.2020 Misteln – Druidenkraut und Vogelfutter

Die Bäume haben ihr Laub verloren, und in den kahlen Kronen sieht man jetzt grüne, rätselhafte Kugeln: Misteln. In der Weihnachtszeit wird die immergrüne Pflanze gerne zur Dekoration verwendet, aber auch in der Medizin findet sie erfolgreich Anwendung. Für Vögel ist die Mistel eine wichtige Nahrungsquelle in den Wintermonaten.

In der grauen Winterzeit sind die immergrünen Mistelzweige besonders für Dekorationszwecke beliebt. Im Haus aufgehängt, sollen sie nach alter Überlieferung vor bösen Geistern und Feuer schützen. Und nicht nur das – ein Kuss unter dem Mistelzweig soll für eine glückliche und lebenslange Partnerschaft sorgen. Einst galten Misteln als Zeichen der Götter und Symbol von Weisheit und Frieden. Plinius der Ältere beschreibt ihren hohen Stellenwert bei den Galliern. Wer kennt nicht den Comic-Klassiker Asterix und Obelix, deren Druide Mirakulix regelmäßig mit einer goldenen Sichel loszieht, um Misteln für den Zaubertrank zu schneiden?

Heute dürfen Misteln für den Eigengebrauch gepflückt werden. Der BUND Naturschutz weist darauf hin, dass dies nur in kleinen Mengen und außerhalb von Schutz- und Privatflächen auf öffentlich zugänglichen Bereichen gestattet ist. Der Baum darf dabei selbstverständlich nicht beschädigt werden. Wer Misteln verkaufen möchte, benötigt eine Genehmigung.

Neben ihrer kulturellen Bedeutung werden Misteln auch für ihre heilende Wirkung geschätzt und in der Medizin für alternative und ergänzende Therapien eingesetzt. Die Pflanzeninhaltsstoffe, insbesondere das Mistellektin und das Viscotoxin, wirken positiv auf das Immunsystem und werden seit einigen Jahren in der Krebstherapie verwendet. 2003 wurde die Mistel deshalb sogar zur Heilpflanze des Jahres gekürt.

Spektakuläre Lebensweise als „grüner Mitesser“

Misteln wurzeln auch im Landkreis Cham auf verschiedenen Baumarten und gelten als Halbschmarotzer. Aber: „Ohne Baum kann die Mistel nicht überleben. Aus diesem Grund hat die bis zu 70 Jahre alt werdende Pflanze auch kein Interesse daran, ihre Wirte großflächig zu töten“, erklärt Robert Kurzmann vom BUND Naturschutz Cham. Die Mistel bohrt ihre Wurzeln in die Leitungsbahnen der Bäume und entzieht ihnen so Wasser und gelöste Nährsalze. Trotzdem kann die Pflanze selbst Fotosynthese betreiben und somit einen Teil ihrer Nahrung herstellen. Mit zunehmender Größe und Alter entzieht die Mistel ihrer Wirtspflanze immer mehr Nährstoffe, so dass die Astbereiche oberhalb des Mistelbusches nicht mehr ausreichend versorgt werden können und dürr werden.

Ausbreitung durch Vögel

Die sehr klebrigen, weißen Mistelbeeren reifen im Winter und werden nahezu ausschließlich durch Vögel wie zum Beispiel Mistel- und Wacholderdrossel oder durch exotische Wintergäste wie den Seidenschwanz verbreitet. Die Tiere schlucken die Beeren im Ganzen hinunter, dadurch bleibt der Mistelsamen unverletzt und wird im Vogelkot wieder ausgeschieden. Bei manchen Vogelarten, die nur das Fruchtfleisch fressen, bleibt der Samen am Schnabel kleben. Durch Putzversuche gelangt er dann zufällig an die Wirtsbäume und kann dort keimen. Die nährstoffreichen und süßen Beeren sind damit eine höchst attraktive Winternahrung für zahlreiche Vogelarten.

Auffallende Häufung von Misteln in Streuobstbeständen

Seit einigen Jahren ist ein vermehrtes Auftreten der wärmeliebenden Mistel an Kiefern und Streuobstbeständen erkennbar, was auf die Klimaerwärmung zurückgeführt wird. Streuobstbestände sind aufgrund ihrer Artenvielfalt von hoher ökologischer Bedeutung und bieten Lebensraum für viele gefährdete Tiere wie zum Beispiel dem Gartenschläfer. Das stellenweise massive Auftreten von Misteln an alten Apfelbäumen ist in erster Linie jedoch Folge einer Überalterung der Obstbestände und fehlender Pflege durch regelmäßige Obstbaumschnitte. Hintergrund ist der hohe Arbeitsaufwand und das Wegbrechen von landwirtschaftlichen Betrieben und Obstbauern.

„Umso wichtiger sind daher staatliche Förderprogramme für die artenreichen Streuobstwiesen, Neupflanzungen junger Bäume und engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich für die landschaftsprägenden Obstbaumgürtel einsetzen“, so Robert Kurzmann vom BUND Naturschutz Cham.

Für Rückfragen:

Robert Kurzmann

Vorsitzender des BUND Naturschutz Kreisgruppe Cham

Tel. 09972/3179

E-Mail: cham@bund-naturschutz.de


07.12.2020 Türhängeraktion

Einen Gartenschläfer an der Türklinke werden in den nächsten Tagen viele Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises Cham vorfinden. Freilich keinen lebenden, sondern einen Türhänger, von dem dieser possierliche wie seltene Bilch grüßt. Verteilt haben die Papieranhänger Ehrenamtliche des BUND Naturschutz Cham.

Dem Gartenschläfer sind die Ehrenamtlichen vom BUND Naturschutz im Raum Cham und Bad Kötzting auf der Spur. Manchmal lugt auch ein Eichhörnchen vom Türhänger. Doch den Naturschützerinnen und Naturschützern fehlen wichtige Einnahmen. Coronabedingt konnte die alljährliche Sammelwoche für Bayerns Natur in diesem Jahr nicht stattfinden. Damit sind auch die Spenden weggefallen, die aber dringend für viele Projekte und Aktionen gebraucht werden. Erst vor kurzem konnte die Kreisgruppe mit einem Ankauf ein Niedermoor retten, um seltenen Tieren wie dem Schwarzstorch eine Heimat zu bieten. Die sehr scheue und seltene Wildkatze wurde in den letzten Jahren erfolgreich nachgewiesen; dieser Erfolg konnte, neben einem großen ehrenamtlichen Engagement, nur mit finanzieller Unterstützung erzielt werden.

Vorsitzender Robert Kurzmann bittet daher die Bevölkerung: „Unterstützen Sie unsere Arbeit für die Tiere, die - oft unbemerkt - in unserer Nachbarschaft leben! Jeder Beitrag zählt. Gerade in diesem Jahr ist vielen bewusst geworden, wie wichtig eine intakte Natur und Umwelt ist. Helfen Sie mit sie zu erhalten!“. Fragen zur Aktion „Hallo Nachbar“ beantwortet Robert Kurzmann (Tel. 09972/3179 oder cham@bund-naturschutz).


04.10.2020 Ökumenisch-naturkundliche Wanderung zu spirituellen Orten

Bad Kötzting.- Sie kommen 300 Jahre, stehen 300 Jahre und vergehen 300 Jahre – die Linden. Am Sonntagnachmittag drehte sich bei einer ökumenisch-naturkundlichen Wanderung zu spirituellen Orten vieles um diesen Baum. Pfarrerin Kathrin Nagel, Kaplan Matthias Meckel und Ute Schödel-Geiger vom BUND Naturschutz (BN) hatten heuer zu einer Tour von der Wolframslinde in Ried bis zur Kirche auf dem Haidstein eingeladen, die regen Zulauf fand.

Nach einer Begrüßung des BN-Vorsitzenden der Kreisgruppe Cham, Robert Kurzmann, stand ganz die Wolframslinde im Mittelpunkt. Die ist bekanntermaßen nach dem Dichter und Sänger Wolfram von Eschenbach benannt, der um das Jahr 1200 gelebt hat. Nach den heutigen Erkenntnissen muss er sich tatsächlich in der Gegend aufgehalten haben. „Ir site und ir sin was gelich der marcgravin, diu dicke vonme heitstein ...“, heißt es in seinem Werk „Parzival“, aus dem Pfarrerin Nagel vortrug. Übersetzt in unser heutiges Deutsch lautet der Text „Ihre Sitte und ihre Gesinnung war gleich dem der Markgräfin, die vom Haidstein …“. Die Vorstellung von dem dichtenden Sänger unter der Linde machte jedoch Kreisfachberater Gerhard Altmann zunichte. Das wahre Alter betrage höchstens 800 Jahre, erklärte der Fachmann. Also war die Linde zu Zeiten des „Herrn Wolfram“ vermutlich erst ein kleiner Schössling. Doch von den vielen Baumdenkmälern, die Altmann betreut, ist er mit der Vitalität der Wolframslinde „sehr zufrieden“. Schon in den Sechzigern wurden, nachdem die Hauptkrone bei einem Sturm schwer beschädigt worden war, einige Hauptäste mit langen Stützen versehen, die noch heute ihre Funktion erfüllen. Obwohl der Baum nur noch auf seiner Rinde steht und hohl ist, kann er noch gut und gerne einige Jahrzehnte leben, ist sich der Kreisfachberater sicher.

Ein Stück weiter im Wald bei einer kleinen Buche verdeutlichten Nagel und Schödel-Geiger bei einer Geschichte von einer kleinen, schief gewachsenen Buche und einer Eule den Wert der Zufriedenheit und des Glücks, die aus jedem selbst heraus entstehen müssen und nicht an äußere Einflüsse gebunden sind. Ein Wasser- und Quellenschutzgebiet gab der Pfarrerin Anlass, auf die Bedeutung des Wassers im Christentum aufmerksam zu machen. Ohne Wasser ist kein Leben möglich, deswegen sind Brunnen und Quellen oft zentrale Orte. Auch bei der Taufe verkündet das Wasser den Beginn eines Lebens als Christ.

Für den Menschen sehr wichtig, aber nicht zu sehen ist das Grundwasser; genauso ist es mit Schützenswertem in der Natur, führte Schödel-Geiger weiter aus. In den Augen vieler Menschen ist die Wolframslinde „nur ein alter Baum“. Fängt bei alten Bäumen eine Stelle zum Faulen an, stellen sich jedoch auf Totholz spezialisierte Insekten ein. Dann entsteht oft eine so genannte Mulmhöhle, die vielen Höhlenbewohner wie Siebenschläfer oder Hohltaube als Wohnung dient – eines der seltensten Lebensräume in ganz Deutschland, so die Naturschützerin. Dem Baumbestand zum Haidstein prognostizierte sie eine düstere Zukunft. „Schauen Sie sich um und stellen Sie sich diese Fichtengruppe als kahle Stelle vor!“ Die Fichte habe aufgrund ihrer flachen Wurzeln bei steigenden Temperaturen keine Überlebenschance. Übrig blieben die Buchen, und das auch nur, wenn es gelingt, die Klimaerwärmungzu stoppen. „Das ist leider auch etwas, was wir nicht direkt sehen.“, beklagte Schödel-Geiger. Trotzdem müssen alle dazu beitragen, den Temperaturanstieg zu stoppen.

Neben dem Wirtshaus fand sich die Gruppe um eine weitere mächtige Sommerlinde ein. Angeblich der germanischen Göttin Freya geweiht war die Linde ein Sinnbild für Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit. Vielleicht deswegen und wegen ihrer Langlebigkeit waren sie häufig mitten im Dorf als Tanzlinde oder Dorflinde anzutreffen. Im Mittelalter galt Lindenholz als lignum sacrum, heiliges Holz, weil viele Marienfiguren aus ihr geschnitzt wurden. In Volksliedern und Namen kann man ihre Bedeutung heute noch ablesen; unter den Teilnehmerinnen etwa fand sich jemand namens „Siglinde“. Sogar bis in unsere Zeit sind die Blüten bei Imkern hochgeschätzt und ein Lindenblütentee ist ein erprobtes Heilmittel bei Husten. Und letztendlich ist auch das Symbol für den BUND Naturschutz ein Lindenbäumchen.

Auf dem Plateau des Haidsteins angekommen widmete sich Pfarrerin Nagel dem Stein und Fels, der fest mit der Erde verbunden ist. Petrus ist der Fels, auf dem die Kirche erbaut wurde; ein Altar ist ebenso aus Stein erbaut. Das grenzüberschreitende Projekt der „Berührsteine“ trägt den Gedanken des miteinander verbunden Seins in sich. Berührt man einen der Steine, ist man durch die Erde mit allen anderen Steinen in Verbindung. Beeindruckend still wurde es, als Kaplan Meckel die vielen Eindrücke dieser Wanderung zusammenfasste in einem Lobgesang an Gott und alle seine Geschöpfe wie Bruder Sonne, Schwester Wasser und Mutter Erde, indem er den Sonnengesang von Franz von Assisi betete. Ein Abschiedssegen rundete die Wanderung kurz vor der Wolframslinde ab.


10.09.2020 Feuersalamander im Landkreis Cham

Ein seltenes Glück ist dem beschieden, der einen Feuersalamander in der Natur zu sehen bekommt. Bei uns im Landkreis, zum Beispiel am Hohen Bogen und auch im Raum Waldmünchen finden sie in kühlen Mischwäldern, die von Quellen durchzogen sind einen hervorragenden Lebensraum. Beobachten kann man sie allerdings bei Waldwanderungen nur in der Dämmerung oder nach Regenfällen, denn die Tiere sind nachtaktiv. Tagsüber verbergen sie sich unter Laub. Mit ihrer auffälligen schwarz-gelben Färbung zählen sie zu den eindrucksvollsten Schwanzlurchen.

Das Salamanderweibchen legt nicht wie die meisten anderen Amphibien Eier in einer gallertartigen Hülle im Wasser ab, sondern es lässt sie so lange in seinem Körper, bis sie sich zu kleinen Kaulquappen entwickelt haben. Circa 30 Larven werden dann meist in klare Fließgewässer hinein, die von Wald gesäumt sind, zur Welt gebracht. Sie bleiben wie andere Kaulquappen sich selbst überlassen und entwickeln sich im Laufe des Sommers zu landlebenden Salamandern.

Die Lurche ernähren sich von Schnecken, Würmern und nicht allzu flinken Insekten. Fressfeinde haben sie kaum; der Feuersalamander kann über zahlreiche Hautdrüsen ein giftiges Sekret ausscheiden, das sogar auf Bakterien abtötend wirkt, Ekel erregend schmeckt und zudem auf Schleimhäute einen brennenden Reiz ausübt. Das schwarzgelbe Muster prägt sich potentiellen Fressfeinden als ausgesprochen unappetitlich ein.

Bisher ging die Gefährdung der Feuersalamander hauptsächlich von der Zerstörung ihres Lebensraums aus, vor allem durch den Ausbau und die Begradigung von Bächen. Mittlerweile sind die ca. 20 cm großen Tiere aber einer viel größeren Bedrohung ausgesetzt: dem Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans (kurz: Bsal), gegen die das giftige Sekret, das der Feuersalamander ausscheidet, nicht hilft.

Der Pilz wurde vermutlich mit infizierten Amphibien über den Tierhandel aus Asien nach Europa eingeschleppt und vor über 10 Jahren in den Niederlanden erstmals nachgewiesen. In Deutschland traten Infektionen von Feuersalamandern zunächst nur in der Eifel und bei Essen auf. Mittlerweile wurde Bsal auch in Bayern im Steigerwald und im Allgäu nachgewiesen. Feuer- und Alpensalamander sowie Berg-, Teich-, Kamm- und Fadenmolch können durch den Pilz erkranken, wobei manche Molche eine Infektion überleben. Bei Feuersalamandern führte eine Ansteckung in Laborversuchen in 100% der Fälle zum Tod, weswegen der Pilz auch „Salamanderpest“ und „Salamanderfresser“ genannt wird. Die Infektion einer Feuersalamanderpopulation kann zu deren völligem Erlöschen führen.

Bsal befällt die Haut der Feuersalamander, welche sehr häufig (jedoch nicht immer!) oberflächliche Läsionen (oft kleine braune Ringe im gelben Hautbereich) aufweist. Dadurch kommt es zu einer starken Beeinträchtigung der biologischen Funktionen der Haut, die eine fundamentale Rolle bei Amphibien spielt.

Über Erde, die an forstlichen Arbeitsgeräten oder Tierpfoten (z.B. Rehe, Wildschweine, Hunde) haftet, kann der Erreger weitergetragen werden.

Bisher wurde Bsal bei uns im Landkreis noch nicht festgestellt. Trotzdem ist Vorsicht geboten.

Um die Ausbreitung von Bsal zu dokumentieren und nach Möglichkeit zu unterbinden sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

Bitte verdächtige Totfunde melden! Halten Sie bei einem Waldspaziergang die Augen nach Feuersalamandern offen und melden Sie „verdächtig aussehende“ oder gar tote Tiere, die keine Verkehrsopfer sind, bitte schnellstmöglich.

Machen sie Fotos mit Angabe des Fundortes und des Datums, aber fassen sie die Tiere nicht an.

Als Ansprechpartner wenden Sie sich an den Bund Naturschutz, Kreisgruppe Cham.

 

 


25.07.2020 Die große Brücke im Regental ist vom Tisch


09.07.2020 Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“

Der Landkreis Cham ist bisher noch ein weißer Fleck auf der Landkarte, was das Vorkommen des Gartenschläfers betrifft. Der BUND Naturschutz, Kreisgruppe Cham, ruft daher alle naturkundlich Interessierte dazu auf, sich am Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ zu beteiligen, um zu erforschen, ob es diese selten gewordene Tierart auch in unserer Region gibt.

Bedeutende Vorkommen des Gartenschläfers in Bayern sind schon länger im Fichtelgebirge und im Frankenwald bekannt. Durch die Einbindung zahlreicher freiwilliger „Spurensucherinnen“ und „Spurensucher“ wurden 2019 diese Vorkommen nicht nur bestätigt, es wurden auch neue Gartenschläferfunde im Allgäu und im Landkreis Miltenberg gemeldet. Uwe Friedel vom Artenschutzreferat des BN freut sich über die neuen Fundorte und hofft, dass in der Folge weitere Nachweise gelingen:

Ein Problem beim Nachweis kann sein, dass Gartenschläfer zunächst für Siebenschläfer gehalten werden, solange man sie nicht zu Gesicht bekommt. Gartenschläfer sind jedoch kleiner als ihre Verwandten und haben eine unverwechselbare Zeichnung in Form einer Zorro-Maske im Gesicht.

Der zu den Nagetieren zählende Gartenschläfer gehört wie der Siebenschläfer und die Haselmaus zur Familie der Schlafmäuse (Bilche) und hält ebenso wie diese einen Winterschlaf. Seit Jahrzehnten werden starke Rückgänge seiner Bestände verzeichnet. In vielen Regionen ist er bereits ausgestorben. Wälder in höheren Mittelgebirgslagen sind seine bevorzugten Lebensräume in Bayern. Der Landkreis Cham wäre also ein hervorragend geeigneter Lebensraum.

Erste Hinweise auf das Vorkommen des nachtaktiven Bilchs können beispielsweise Nester oder Haare in Vogelbrutkästen liefern. Eine gezielte Suche kann mit Spurtunneln erfolgen, in denen die Tiere ihre Fußabdrücke hinterlassen, oder mit auf Futterköder ausgerichteten Wildtierkameras. Mit Hilfe von Haar- oder Kotanalysen können weitergehende wissenschaftliche Fragestellungen beantwortet wer-den. Auf Basis der Daten werden durch die Senckenberg Gesellschaft und Schlafmaus-Experten der Universität Gießen mögliche Ursachen des Rückgangs analysiert: von einer genetischen Verarmung bis zu Krankheiten und Parasiten oder Einflüssen der Klimaveränderung. Aus den Ergebnissen sollen dann Schutzmaßnahmen entwickelt und mit dem BUND Naturschutz und den BUND Landesver-bänden vor Ort umgesetzt werden.

Sichtungen von Gartenschläfern sollten direkt gemeldet werden per E-Mail an gartenschlaefer@bund-naturschutz.de oder auf der Online-Melde-stelle auf www.gartenschlaefer.de

Weitere Informationen erhalten Sie auch über den BUND-Kreisvorsitzenden Robert Kurzmann, 09972/3179 oder die Geschäftsstelle der Kreisgruppe


06.07.2020 Blühende Wegränder

Hohenwarth.- Seit dem Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt („Rettet die Bienen“) hat sich einiges getan. Engagierte Gartenbesitzer und Landwirte haben neue Blühflächen entstehen lassen. Die Kreisgruppe des BUND Naturschutz Cham hat sich mit einer weiteren Möglichkeit beschäftigt, eine blühende Vielfalt zu erreichen: Wegsäume beinhalten oft wahre Schätze für Biene und Co. Man muss sie nur hervorholen.

Die Naturschützer trafen sich am Samstagvormittag im Gemeindegebiet Hohenwarth an einem ausgewählten Straßenrand. Bürgermeister Xaver Gmach und der Gemeinderat hatten sich von Anfang an offen für das Projekt gezeigt. Auf dieser ca. 100 Meter langen Teststrecke sollen durch ein geändertes Mäh-Konzept blühende Pflanzen und somit Lebens- und Nahrungsräume für Insekten gefördert werden. Bei einer positiven Entwicklung ist eine Ausweitung denkbar. Gleich zu Beginn der Aktion kam ein Motivationsschub. Schachbrettfalter flatterten über die angrenzende Wiese, eine Schmetterlingsart, die in letzter Zeit eher selten zu sehen war. Um auch andere Falter und Insekten, die oft auf wenige bestimmte Blüten angewiesen sind, zu fördern, wird an diesen Böschungen das Mähgut künftig von Aktiven des BUND Naturschutz herausgerecht und abgefahren. Das ist wichtig, um die Säume „auszumagern“. Denn der Schnitt wird sonst zersetzt und liefert Dünger für den Bewuchs. Sehr selten sind aber nährstoffarme Böschungen und mit ihnen die Tiere, die auf diese Vegetation spezialisiert sind. Früher war das anders. Die Älteren von uns erinnern sich bestimmt daran, dass in vergangenen Zeiten dieses „Ausmagern“ die Regel war. Böschungen lieferten Kuhfutter für diejenigen, die keine eigenen oder zu wenig Weiden hatten.

Außerdem ersticken viele Blütenpflanzen regelrecht unter der Mulchschicht. Schnellwachsende Gräser sind im Vorteil und verdrängen Blumen. Wenn also das abgemähte Gras entfernt wird, werden sich im Lauf der Zeit mehr Blütenpflanzen behaupten können. Eine Böschungsseite wurde nicht gemäht; hier dürfen Mädesüß und der Große Wiesenknopf weiterblühen und beispielsweise den seltenen Mädesüß-Perlmuttfalter und Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling mit Nektar versorgen. Selbst im Herbst, wenn alles verblüht ist, erfüllt dieser Wegsaum eine wichtige Funktion, nämlich als Kinderstube und Winterquartier für Insekten. Vor Kälte und Fressfeinden geschützt, warten sie in welke Blätter eingerollt oder in hohlen Stängeln verborgen auf die wärmenden Sonnenstrahlen des nächsten Frühjahrs. In der Wahrnehmung mancher Menschen mag so ein Straßenrand zwar „unordentlich“ wirken. Aber ist das nicht leicht hinzunehmen, wenn man dafür die Blumen und die Schmetterlinge und Insekten im kommenden Jahr erleben kann?

Bürgermeister Xaver Gmach machte sich vor Ort ein Bild von den Helfern mit den Heurechen. Er begrüßte diese Aktion und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Kinder, die dabei waren, als Erwachsene die positiven Folgen dieses Umdenkens sehen können. Vielleicht dauert es aber gar nicht mehr so lange, bis sich wieder mehr unterschiedliche Arten an Pflanzen und Tieren an diesem Abschnitt des Straßensaums tummeln.

 

Und so ist die Vorgehensweise:

  • Vor der Mahd wurde der Bestand an Pflanzen aufgenommen. So kann man eine Veränderung der Vegetation über die Jahre dokumentieren.
  • Die Mahd sollte möglichst spät, nicht vor Juli erfolgen, was bisher sowieso schon der Fall war.
  • Eine Seite der Böschung wird nur im Zweijahres-Turnus gemäht; heuer wurde der Wegrand stehengelassen.
  • Die andere Seite wird wie bisher jährlich gemäht, jedoch das Mähgut von Freiwilligen des BUND Naturschutz herausgerecht und entfernt.
  • Aufwachsende Gehölze wie Weiden und Heckenrosen werden entfernt.

27.03.2020 Einzelgänger auf sehr leisen Pfoten

Landkreis Cham.- Jedes Jahr im zeitigen Frühjahr rücken sie wieder in unsere heimischen Wälder aus und rammen Stöcke in den Boden. Dabei umgibt sie ein schier unwiderstehlicher Duft - zumindest für Wildkatzen! Diese sehr scheuen und seltenen Tiere hoffen die ehrenamtlichen Helfer des BUND Naturschutz Cham aufzuspüren und nachzuweisen. Jetzt sind die Ergebnisse der letzjährigen Aktion bekannt, und die Naturschützer haben Anlass zur Freude: Es konnte sicher nachgwiesen werden, dass die seltene Art bei uns im Landkreis vorkommt.

Die Hoffnungen der ehrenamtlichen Lockstockbetreuer beruhen auf 1m langen rauen Holzlatten, die mit Baldrian präpariert sind. Je nach Schneelage werden diese so genannten „Lockstöcke“ ab Februar in den Waldboden geschlagen. Karola Jackisch vom BUND Naturschutz Cham organisiert die Aktion seit 2016. Wildkatzen können Baldrian nicht widerstehen, sagen die Biologen und dies zeigt auch die Erfahrung der Kreisgruppe. Angezogen von dem Duft umschmeichelt die Wildkatze den Stock und reibt sich daran. Dabei bleiben Haare und Hautpartikel am Holz zurück. Die Helfer sammeln diese bei ihren wöchentlichen Kontrollgängen ein. Sie kommen aus verschiedenen Bereichen, es sind Förster, Jäger, Mitglieder von Naturschutzverbänden aber auch interessierte Bürger darunter, die von dieser Aktion erfahren haben. Später wird das Haarmaterial in einem Speziallabor genetisch ausgewertet und die Ergebnisse werden in eine Gendatenbank eingespeist.

Im letzten Jahr hatte sich die Kreisgruppe an dem vom BUND Naturschutz groß angelegte Monitoring Nordbayern beteiligt und die Lockstöcke mit jeweils einem Kilometer Abstand in die Wälder gebracht. Zwar war die Kontrollaktion nach einigen Wochen Anfang April schon beendet, doch die Analyse der Fellhaare zog sich Monate hin. Sehr gespannt waren die Naturschützer, wie sich das Vorkommen der Wildkatze im Landkreis entwickelt hatte. Denn 2016 hatten sie Nachweise sowohl von einer männlichen als auch einer weiblichen Wildkatze erbringen können. Die Hoffnung war groß, dass die beiden miteinander für Nachwuchs sorgen könnten.

Das Ergebnis Anfang dieses Jahres brachte Freude, Ernüchterung und einige interessante Erkenntnisse. Freude darüber, dass wieder ein sicherer Nachweis über das Vorkommen der Wildkatze erbracht werden konnte. Der genetische „Pfotenabdruck“ führte zu einem männlichen Tier, das 2016 zum ersten Mal am Lockstock in Erscheinung trat. Bis jetzt konnten jedes Jahr Haare von ihm gefunden werden und zeigen, wie groß sein Revier ist. Sehr interessant war die Beobachtung, dass sich das Gebiet des Kuders verlagert hatte. Durch Wegebau und Holzfällung für den Tourismus war in Teilen des Reviers viel Unruhe entstanden. Wildkatzen reagieren darauf sehr störanfällig, und so ist auch der Kuder dort abgewandert und hat seitdem das Gebiet verlassen. Kehrt wieder Ruhe ein, so die Einschätzung der Biologen, kommen Wildkatzen möglicherweise wieder zurück. Sicher ist das aber keinesfalls. Kuder haben sehr große Reviere, so dass das Streifgebiet schon eine Fläche bis zu 3000 Hektar umfassen kann. Dies ist so groß wie das vom Rotwild.

Weibliche Tiere sind in einem deutlich kleineren Umkreis unterwegs als ihre männlichen Artgenossen. Ihre Streifgebiete sind etwa 300 bis 800 Hektar groß. Wildkatzen sind nachtaktiv, tagsüber ruhen sie. Als Schlafplätze suchen sie sich hohle Baumstämme, Felsspalten, aber auch verlassene Fuchsbauten. Sie sind Einzelgänger und meiden die Nähe zu Siedlungen. Überhaupt meiden sie jeden Kontakt zum Menschen und drehen sofort um, sollten sie auf Menschen treffen. Ins Offenland wagen sie sich, so lange es dort gute Versteckmöglichkeiten gibt, z.B. Hecken oder Bauminseln.

Bei aller Freude über die Standorttreue des Kuders gab es aber auch einen Wermutstropfen. Leider konnte 2019 kein neuer Nachweis der weiblichen Wildkatze gefunden werden. Ein Grund dafür könnte das dichte Straßennetz sein. Der Straßentod ist die häufigste Todesursache der Wildkatze. Dies betrifft vor allem die Jungtiere, die auf der Suche nach einem neuen Revier weite Strecken zurücklegen müssen. Sie überqueren immer wieder Fernstraßen und sogar Autobahnen. Entsprechend hoch ist ihr Risiko, überfahren zu werden. Aber auch ausgewachsene Wildkatzen ereilt oft genug dieses traurige Schicksal.

Insgesamt breitet sich die Wildkatze viel langsamer aus, als erhofft. Für Bayern gilt, dass die Population zwar nach wie vor klein ist, aber stabil. Das ist sehr wichtig, damit die Tiere hier eine Zukunft haben. Die Wildkatze zählt zu den seltensten Waldbewohnern in Bayern. So etwa 600 Exemplare leben in unseren Freistaat jedoch die allermeisten nicht bei uns in der Oberpfalz, sondern in Franken, vor allem im Spessart. Auch im Landkreis Cham gibt es nur sehr wenige geeignete Lebensräume für die geschützten Tiere. Daher gilt es, strukturreichen Wäldern mit Laubholz und toten Bäumen auf jeden Fall große Wertschätzung entgegen zu bringen.

Dieses Jahr findet das Wildkatzen-Monitoring in Bayern südlich der Donau statt. In Schwaben, Oberbayern und in Niederbayern sammeln ehrenamtliche Naturschützer die Daten und hoffen darauf, dass sie einen Nachweis liefern können. Bei uns im Landkreis Cham wurden heuer nur wenige Lockstöcke gesetzt. Sie stehen in Waldgebieten, die noch nicht kontrolliert wurden. Gezielt wurden auch da Lockstöcke gesetzt, wo Meldungen über wildfarbene Katzen eingegangen sind. Im Revier des Landkreis-Kuders stehen ebenfalls Lockstöcke. „Er ist uns einfach ans Herz gewachsen und wir freuen uns über die Information, dass er noch lebt“, so Karola Jackisch.


09.03.2020 Blühende Landschaften gestalten

Cham.- Schon immer brauchen wir die Insekten, doch jetzt brauchen sie unseren Schutz. Das Aussäen einer Blumenmischung ist dabei nur eine kleine Hilfe. Wirkungsvolle Maßnahmen im Garten, im kommunalen Grün, in der Landschaft und Landwirtschaft stellte Barbara Heydenreich vom „Netzwerk blühende Landschaft“ auf Einladung des BUND Naturschutz Cham am Samstagabend vor. Sie zeigte in der gut besuchten Klostermühle an vielen Beispielen auf, wie man „Blühende Landschaft gestalten“ kann.

Dass es unseren Blütenbestäubern nicht gut geht, ist spätestens seit der „Krefelder Studie“ bekannt; die alarmierenden Ergebnisse von einem Rückgang der Fluginsekten um mehr als 75 % rüttelten viele Menschen wach. Die Ursachen für diesen dramatischen Schwund sind längst bekannt. Vor allem durch den Verlust ihrer Nahrungs- und Lebensräume sterben ganze Arten vollkommen aus. Diese verschwinden zum einen durch die intensive Landwirtschaft, vorgegeben durch die Agrarpolitik. Hierbei setzen den Insekten besonders die sogenannten Neonikotinoide oder Neonics unter den Schädlingsbekämpfungsmitteln gewaltig zu. Zum anderen findet kein Insekt auf den vielen versiegelten Flächen Futter. Außerdem bringt der Klimawandel das fein austarierte Gleichgewicht zwischen Blüte und blütenbesuchedem Insekt aus dem Lot; Stickstoffeintrag lässt magere Standorte komplett verschwinden; die Lichtverschmutzung macht besonders den nachtaktiven Insekten das Leben schwer. Schließlich trägt unser aller Konsumverhalten dazu bei, Insekten den Garaus zu machen. Aber nicht nur an der Krefelder Studie kann man den dramatischen Verlust von blühenden Lebensräumen ablesen; auch die heimischen Imker müssen häufiger mitten im Sommer zufüttern, weil zuwenig Blühflächen vorhanden sind.

Wir brauchen jedoch dringend Biene, Hummel und Co, denn 80 % all unserer Blütenpflanzen sind auf bestäubende Insekten angewiesen. Jeder, der selber Obstbäume hat, weiß, dass bei einer guten Bestäubungsleistung nicht nur die Menge an Obst zunimmt, sondern auch die Qualität. Aber auch Tiere sind auf die Wildfrüchte wie Hagebutte oder Vogelbeere angewiesen, denken wir nur an unsere Vögel oder den Igel. Insekten sind bestens an ihre speziellen Blüten angepasst, und wenn ein Schmetterling seinen langen Saugrüssel entrollt, um den Nektar zu saugen, ist das ein prachtvolles Schauspiel – wenn man einen Falter zu sehen bekommt! Denn nur 20 % der Arten sind in ihrem Bestand gesichert, also 80 % sind bedroht oder stehen bereits auf der Roten Liste. Bei Hummeln, als Schlechtwetterbestäuber enorm wichtig, beträgt die Quote 63 %. Bei den Wildbienen sind die Aussichten genauso düster. Sie sind als Spezialisten häufig auf nur eine Blüte angewiesen; finden sie diese nicht mehr, ist es das endgültige Aus für diese Art.

Hilfe ist also dringend geboten, aber wie? Die Einsaat einer Blühmischung ist nur ein Teil eines Maßnahmenpakets. Dabei muss man unbedingt vorab klären, wie artenreich die bestehende Fläche möglicherweise schon ist. Bricht man beispielsweise eine extensiv bewirtschaftete, standortangepasste, eingewachsene Wiese um, um eine Blühmischung auszusäen, erweist man den Insekten damit einen Bärendienst. Oft reicht es schon aus, weniger, also nur ein bis dreimal im Jahr zu mähen und das Mähgut abzufahren, damit sich blühende Pflanzen von selber einstellen. Ideal wäre es, die Wiese abschnittsweise zu mähen, damit nicht alle Nahrungs- und Lebensräume auf einmal komplett wegfallen. Genauso wenig hilft es, die häufig verteilten Samentütchen auf eine Wiese auszubringen. Aussaat ist nur im offenen Boden möglich, der ähnlich gut hergerichtet werden muss wie ein Beet im Gemüsegarten. Das Saatgut muss gebietsheimisch und für den Standort geeignet sein. Die Referentin sprach in dem Zusammenhang mit einem Augenzwinkern von so genannten „Bürgermeistersaaten“, die im ersten Jahr mit einer bunten Blütenfülle aufwarten. Schön für das Auge, gut für das Image, aber keine nachhaltige Unterstützung für die Insekten, da viele wichtige Futterpflanzen zunächst unscheinbar aussehen und erst im zweiten Jahr blühen. Wenn schon einjährige Aussaaten, dann z.B. die Mischung „Mössinger Sommer“ verwenden, die im Fachhandel erhältlich ist und ein Nahrungsangebot vom Frühjahr bis in den Herbst bietet. Noch besser sind die für die Landwirtschaft entwickelten mehrjährigen Einsaaten mit einer Standzeit von fünf Jahren. In dieser Zeit verändert sich das Blühbild beständig und sieht im Winter für den Menschen nicht sehr ansprechend aus. Gleichwohl ist so eine mehrjährige Blühwiese immens wichtig, da sie in hohlen Stängeln Überwinterungsplätze für Insekten und im Bestand Lebensraum für Wildtiere bietet. Also Mut zur Schlampigkeit!

Das gilt genauso auch für die Gärten, in denen viele Insekten dürre Blätter und vertrocknete Blüten überlebensnotwendig als Winterquartier benötigen. Ein alter abgestorbener Obstbaum dient immer noch als Insektenhotel, offene Bodenstellen bieten wichtigen Lebensraum und in „wilden“ Ecken und Winkeln kann die Brennessel gedeihen, die für das Raupenstadium unzähliger Schmetterlingsarten unverzichtbar ist. Viele Wildbienenarten können nur wenige hundert Meter zwischen Nistplatz und Nahrungsquelle zurücklegen und besuchen gerne nektar- und pollenreiche Blüher wie jetzt im Frühjahr Winterling, Schneeglöckchen und Krokus. Ganz wichtig und nicht zu vergessen sind frühblühende Gehölze, allen voran die Kätzchenweiden, die eine erste Kraftnahrung für die ausgezehrten Bienen bieten. Kornelkirschen erfreuen mit ihrer Blüte Bienen und Menschen, wohingegen die ebenfalls gelb blühenden Forsythien für die Insekten fast wertlos sind. Sorgt man das ganze Jahr über für einen Blütenflor aus einfachen Blüten, da die gefüllten weder Pollen noch Nektar enthalten und bietet eine kleine Wasserquelle an, wird man sich an vielen Blütenbesuchern erfreuen können.

Öffentliches Bunt statt öffentliches Grün!

Auch auf kommunaler und Landkreisebene kann viel für die Insekten getan werden, zumal ja den Kommunen eine Vorbildfunktion zufällt. Leicht und sofort umzusetzen ist eine Pflegeumstellung von Straßenbegleitgrün, Säumen, Böschungen, Straßen- und Wegrändern. Muss man alles Grün auf „Ameisenkniehöhe“ runtermähen? Straßenabgewandte Extensivbereiche an Gräben und Böschungen brauchen nicht so häufig gemäht werden, was nicht nur den Insekten nützt, sondern auch Arbeitsstunden spart. Balkenmäher sind immer besser als Mulchmäher. Bei Grünflächen kann man auch mal Streifen ungemäht stehenlassen. Schon 5 bis 20 Prozent schaffen einen guten Effekt. Den unweigerlich eintreffenden Beschwerden wegen der „Schlamperei“ kann man im Vorfeld mit Hinweisschildern („Hier blüht es für Biene, Hummel und Co“) den Wind aus den Segeln nehmen.

Wechselflor ist out. Die jahreszeitlich wechselnden Bepflanzungen zum Beispiel auf Verkehrsinseln kosten Geld und bieten häufig weder Nahrung noch Lebensraum für Insekten. Wirksamer ist hier eine Dauerbepflanzung mit mehrjährigen Blühpflanzen und Wildkräutern wie Lavendel oder Fette Henne. Mischt man heimische Wildkräuter unter, hat man einen guten Kompromiss zwischen wertvoller Insektennahrung und ansprechendem Aussehen.


04.03.2020 Hoffnung für den Osterhasen

BUND Naturschutz fordert: Mehr naturnahe Flächen in der Agrarlandschaft

Der Legende nach versteckt „Meister Lampe“ an Ostern die bunten Eier. Noch. Schwindende Lebensräume, Mangel an Kräutern und zunehmender Verkehr machen dem Feldhasen auch im Landkreis Cham zu schaffen. „Der Feldhase ist ein Kräuterspezialist. Doch die sind in der intensiven Landwirtschaft selten geworden.“, so Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern (BN). Der BN fordert daher von der Staatsregierung eine Ökologisierung der Agrarzahlungen, weniger Flächenverbrauch und eine konsequente Umsetzung des erfolgreichen Volksbegehrens Artenvielfalt.

„Mehr Blütenreichtum, weniger Pestizide, mehr Ökolandbau und Biotopverbund helfen auch Meister Lampe“, erklärt Richard Mergner. „Und wer sich jetzt über Schoko-Osterhasen und bunte Ostereier freuen will, sollte Erzeugnisse aus ökologischem Landbau oder lokalen Naturschutzprojekten nachfragen, weil dort die Artenvielfalt unterstützt wird. Bio fair-trade Schokolade schützt vor Pestizideinsatz. Auch beim bunten Osterei sollte man nicht auf Käfigeier hereinfallen, denn bei den gefärbten Eiern muss die Haltungsform nicht gekennzeichnet sein.“ Der BN empfiehlt, Eier aus Ökologischer Haltung zu kaufen (Stempelkennzeichnung 0 auf dem Ei) und selbst zu färben.

Der Feldhase ist eine Art der Agrarlandschaft und war früher ein „Allerweltstier“. Heute ist er wie viele andere Arten der Feldflur ein seltener Anblick geworden und steht in der sogenannten „Roten Liste“ der gefährdeten Arten. Er braucht artenreiche Kräuter-Nahrung sowie Verstecke vor Fressfeinden und für die Jungenaufzucht. In der intensiv genutzten Agrarlandschaft ist beides selten geworden. Dazu kommen noch die Gefahren durch Straßen und zunehmenden Verkehr sowie generell abnehmender Lebensraum durch Siedlungen und Gewerbegebiete. Der Feldhase ist bekannt als Kräuter-Spezialist. Margeriten, Wilde Möhre, Fenchel, Kamille, Rotschwingel, Klee und viele andere Kräuter stehen auf dem Speiseplan- Diese „Kräuter-Apotheke“ ist gerade im Frühjahr besonders wichtig, wenn die Hasenjungen fette und gesunde Milch brauchen.

„Um einen weiteren Rückgang der Hasenbestände zu vermeiden, brauchen wir den Erhalt und die Aufwertung der Landschaft mit blütenreichen Wiesen, Rainen, Säumen, Versteckmöglichkeiten wie alten Heckenbeständen und Brachflächen sowie einen Biotopverbund zur Vernetzung der Lebensräume“, fordert Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin beim BUND Naturschutz. Das heißt Aufbau und Verbesserung dieser „grünen Infrastruktur“ und Verminderung der negativen Wirkung der „grauen Infrastruktur“ wie Zerschneidung der Lebensräume durch Straßen und Ausbau des landwirtschaftlichen Kernwegenetzes. Davon würden auch viele andere Arten der Agrarlandschaft wie Goldammer, Kiebitz, Grasfrosch oder viele Insektenarten profitieren. Der Biotopverbund auf 15 Prozent der Offenlandfläche ist seit dem erfolgreichen Volksbegehren 2019 im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert und seine Herstellung bis 2030 gesetzliche Pflicht.

Meister Lampe profitiert auch vom ökologischen Landbau. Dieser verzichtet auf Mineraldünger und chemische Spritzmittel, baut viele verschiedene Kulturen an und sieht Wildkräuter nicht nur als Unkraut. Der Feldhase ist ein Tier mit beeindruckenden Fähigkeiten: Er ist ein Meister der Tarnung mit hervorragendem Gehör. Durch seine langen, kräftigen Hinterbeine ist der Feldhase sehr flink: Auf der Flucht erreicht er Geschwindigkeiten von etwa 50 km/h, kurzzeitig sogar bis zu 70 km/h – das ist schneller als ein Rennpferd im Galopp! Dabei schlägt er 90-Grad-Haken und kann bis zu drei Meter hoch und sieben Meter weit springen. Um die Damen zu beeindrucken, liefern sich die männlichen Hasen in der Paarungszeit spektakuläre Boxkämpfe und Wettrennen. Übrigens: Vom Wildkaninchen kann man den Feldhasen durch seine deutlich größeren Ohren unterscheiden. Mehr Infos zum Feldhasen auf www.bund-naturschutz.de/artenbiotopschutz/artbeschreibungen/feldhase.html


04.03.2020 Das Hummeltelefon startet – Mitmachaktion für jeden Insektenfreund

Mit dem Frühling startet die bayernweite Mitmachaktion „Hummeltelefon“: Jeder kann Hummelfotos einreichen, ein Expertenteam antwortet. Das kann in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen eine willkommene Abwechslung sein! Denn ob im Garten, auf dem Balkon oder in freier Flur: Jetzt fliegen die Hummeln wieder. Nach der großen Resonanz auch aus dem Landkreis Cham in den letzten beiden Jahren bieten BN (BUND Naturschutz in Bayern e.V.) und IfBI (Institut für Biodiversitätsinformation e.V.) erneut diesen einzigartigen Service an.

Die Luft bleibt kühl, solange noch Schnee auf dem Arber liegt. Doch trotz noch niedriger Tagestemperaturen und kalter Nächte in den letzten Tagen sind schon die ersten Hummeln emsig an den Blüten unterwegs. Der perfekte Zeitpunkt, um die Leitungen des Hummeltelefons wieder zu öffnen. Gerade in der momentanen Lage bietet es eine schöne und willkommene Ablenkung für Groß und Klein. Ob im heimischen Garten, gemütlich auf dem Balkon oder bei einsamen Spaziergängen in der Natur: Ausgestattet mit Handy oder Fotoapparat können die kleinen fliegenden Brummer abgelichtet werden. Wobei man zu einem scharfen Foto schon ein bisschen Geduld braucht!

Insgesamt gibt es in Deutschland 41 verschiedene Hummelarten. Davon stehen in Bayern bereits 13 auf der Roten Liste: Hauptgrund des Rückganges sind ausgeräumte Ackerfluren. Mit den schwindenden Lebensräumen sterben auch nicht so anpassungsfähige Arten.

Jeder weiß, dass Hummeln fliegen können. Doch nach den Gesetzen der Aerodynamik wäre das eigentlich unmöglich, denn die Flügel sind viel zu klein für ihren Körper. Der „Trick“ der Hummeln ist ausgefeilt und wurde erst 1996 herausgefunden: Die Hummelflügel sind flexibel und drehbar und schlagen bis zu 200-mal in der Sekunde. Dadurch werden die hörbaren brummenden Luftwirbel erzeugt, die für den nötigen Auftrieb sorgen. Wenn man Hummeln genauer beobachtet, fällt auf, dass verschiedene Arten unterschiedlich gezeichnet sind. Da gibt es schwarz-gelb gestreifte, bräunliche und ganz dunkle. „Da es immer stärker darauf ankommt, zum Erhalt der Artenvielfalt einen eigenen Beitrag zu leisten, müssen wir uns alle und unsere Kinder wieder stärker für die Natur interessieren. Nur, was man kennt, wird man auch schützen. Da Hummeln groß und meist relativ langsam unterwegs sind, lohnt es sich, mit ihnen zu beginnen“, sagt Richard Mergner, Vorsitzender des BN.

Wer eine Hummel im Garten oder auf der Wiese findet und gerne wissen würde, welche Art es ist, kann das ganz leicht über das „Hummeltelefon“ herausfinden. Einfach den kleinen Brummer fotografieren und das Bild zusammen mit Fundort (PLZ) und Funddatum verschicken, entweder per WhatsApp an 0151-18460163 oder per E-Mail an hummelfund@ifbi.net. Das Hummeltelefon-Team besteht aus den Biologinnen Mareen Geyer und Josephin Römer sowie Dr. Klaus Mandery, Leiter des in Ebern ansässigen IfBI, Vorsitzender des BN Haßberge und Wildbienenexperte. Das Team antwortet auf die Nachricht so schnell wie möglich mit dem Artnamen und Informationen rund um die fotografierte Hummel. Pro Hummel sollten maximal drei Fotos und höchstens drei Funde in einer Nachricht versendet werden.

Die bayerische Bevölkerung interessiert sich für Hummeln und Insekten. Letztes Jahr haben über 2.700 Fotos von über 500 begeisterten Teilnehmern das Hummeltelefon erreicht. Dabei wurden knapp 920 Hummeln abgelichtet. Mit dem Hummeltelefon fördern BN und IfBI das Bewusstsein dafür, wie wertvoll Hummeln – stellvertretend für alle Insekten – sind. Jeder Hummelfund wird auch dieses Jahr wieder in eine interaktive Karte eingetragen. So wird mehr über die Verbreitung der Hummelarten in Bayern bekannt, ein wichtiger wissenschaftlicher Effekt dieses Citizen Science -Projektes. Weitere Informationen unter www.ifbi.net/Hummeltelefon.


04.03.2020 Immer wieder sterben Otter


02.03.2020 Leserbrief zu zur Stellungnahme des Landrats v. 25.02. sowie Leserbrief des Thomas Wachter v. 26.02.

Nach Fukushima ist die Bayer. Staatsregierung vorbildlich gestartet und versprach eine führende Rolle Bayerns bei der Energiewende. In ihrem Energiekonzept wurden für Bayern als Ausbauziel 50 % erneuerbare Energien (EE) bis 2020 und bis zu 1500 neue Windräder (WKA) genannt. Der Erzeugung von EE wurde ein „sehr hoher Stellenwert im öffentlichen Interesse“ eingeräumt. Kommunen im Landkreis nahmen viel Geld in die Hand und ließen von dem Landschaftsarchitekten und Wirtschaftswissenschaftler Dr. Dr. Marquardt ein Gutachten erstellen und Konzentrationsflächen herausarbeiten, um eine Verspargelung der Landschaft zu vermeiden. Für Waldmünchen wurden  anhand der ca. 50 Vorgaben zwei geeignete Standorte ermittelt. Während andere Landkreise Windräder per Einzelfall-genehmigung aufstellten (wie z.B. auch bei Mobilfunkmasten im Landkreis Cham üblich) wurde das Vorgehen der Kommunen von Landrat Löffler als „Königsweg“ verteidigt.

Im Juli 2013 kam dann die Wende: Während Bayern im Bund darauf hinwirkte, die 10-H-Regelung im Freistaat umsetzen zu können, beantragte Landrat und Bezirkstagspräsident Löffler beim Bezirk die Zonierung des Landschaftsschutzgebietes im Landkreis. Das Planungsbüro Blum aus Freising sollte noch einmal Flächen für die Windkraft im Landkreis bestimmen. Die Planungen wurden gelenkt von einer Steuerungsgruppe bestehend aus Vertretern des Landkreises, des Bezirks und der Regierung. Als zusätzliches Ausschluss-kriterium zur bisherigen Planung kam die Erholungsinfrastruktur (Wanderwege, Rastplätze) hinzu und ließ weitere Bereiche zur Tabuzone werden. Laut dem Gutachten von Dr. Dr. Marquardt ist eine Beeinträchtigung des Tourismus durch WKA wissenschaftlich jedoch nicht belegbar! Die für Waldmünchen herausgearbeiteten Konzentrationsflächen fielen jetzt in die Tabuzonen. Dritter Bürgermeister Karl-Heinz Hendl (SPD) kommentierte es in der Stadtratssitzung im November 2013 bei Vorlage des neuen Zonierungskonzeptes so: „Dass wir verarscht worden sind, steht fest.“ Verärgerung über die „in Sand gesetzten Hunderttausende von Euros“ (Kreisrat Hans Stangl, FW) wurde auch von vielen CSU Stadträten und Bürgermeistern geäußert.

Die bei Vorstellung der neuen Planung im Kreistag von Kreisrat Gerhard Weiherer (Grüne) vorgetragene Kritik an den ästhetischen Bedenken konterte Karl Holmeier (CSU) mit der Bemerkung: „Wenn Sie ein Windradl wollen, bauen Sie sich doch eines in den Garten“. Herr Wachter hat dies gemacht und ein Windradl in seinem Garten beantragt. Völlig unverständlich ist, dass er nach seinen Angaben vom Landrat Löffler ca. 2 Jahre hingehalten wurde und erst über die am 25.02. veröffentlichte Stellungnahme erfährt, dass eine Genehmigung nicht möglich ist, da sich das Vorhaben in der Tabuzone befindet; was die von Landrat Löffler auf den Weg gebrachte und vom Bezirkstagspräsident Löffler unterzeichnete Änderungsverordnung zum Landschaftsschutzgebiet eindeutig vorgibt.

Da sich gezeigt hat, dass mit dieser geänderten Verordnung (VO) bislang im Landkreis kein Windrad gebaut werden konnte und ohne Windenergie die Umstellung auf 100 % EE nicht erreicht werden kann, sollten durch eine erneute Anpassung der VO die Ausnahmezonen an die ursprünglich ausgewiesenen Konzentrationszonen angepasst werden. Kommunen wie auch die Energiegenossenschaft hätten dann ihr Geld nicht umsonst „aus dem Fenster geworfen“ und WKA könnten dann auch im Landkreis Cham gebaut werden; möglichst nur mit kommunaler und Bürgerbeteiligung. In Zeiten des Klimawandels ist es höchste Zeit da weiter zu machen wo so vorbildlich begonnen wurde.


22.02.2020 BN fordert Ausbau der Windenergie


03.02.2020 Leserbrief zum Beitrag „Besser schnelles oder gesundes Internet?“

Das von der Redaktion gewählte Titelfoto verdeutlicht sehr anschaulich die Problematik des WLAN-Einsatzes an Schulen. Soweit erkennbar befinden sich die Schüler beim angegebenen Lösen einer Mathe-Aufgabe in unterschiedlichem Abstand zum Endgerät; hier einem Laptop. Ein Schüler hat sich dabei zum Gerät vorgebeugt.

Für die Strahlenbelastung beim Einsatz von WLAN ist weniger der Access-Point, sondern die Sende-/Empfangseinheit für WLAN am Endgerät entscheidend. Bei unmittelbarem Körperkontakt (ähnlich wie beim Telefonieren mit dem Handy am Ohr) werden die höchsten Werte erzielt. Der Grenzwert für WLAN (10 Mio. Mikrowatt pro m²) kann dabei erreicht bzw. überschritten werden. In 20 cm Abstand werden noch ca. 200.000 und in 50 cm noch ca. 32.000 Mikrowatt pro m² gemessen.

Zur Einordnung der Werte: Bei der 2004 – 2005 im Landkreis von Prof. Buchner und Dr. Eger in Zusammenarbeit mit der INUS-Klinik in Furth im Wald durchgeführten „Rimbach-Studie“ erhöhte sich die Strahlenbelastung nach Inbetriebnahme des Mobilfunkmastens bei den Teilnehmern (2 – 68 Jahre alt) im Durchschnitt um ca. 100 Mikrowatt pro m². Dies führte zu einem im Blut messbaren Anstieg der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, sowie einem starken Absinken der Dopaminwerte. Weiterhin wurde eine Zunahme von z.B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen oder Allergien dokumentiert.

Der staatlich verordnete WLAN-Einsatz an Schulen bringt die Lehrer in eine schwierige Situation. Durch eine Vielzahl von Studien sind biologische Effekte in Abhängigkeit von der Höhe und der Dauer der Strahlung belegt. Um diese zu minimieren müssten die Lehrkräfte ständig darauf achten (Aufsichtspflicht), dass ein möglichst großer Abstand zum Endgerät eingehalten wird, bzw. dass das Endgerät so kurz wie möglich eingeschalten wird; bei Letzterem gehen die politischen Forderungen genau in die Gegenrichtung. „Kinder solchen Gefahren wie WLAN auszusetzen grenzt an Körperverletzung“, publizierte hierzu die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. 2006 empfahl der Bayerische Landtag den Schulen noch auf WLAN zu verzichten.


24.01.2020 Li-Fi statt WLAN an Schulen

Bund Naturschutz und GEW Cham hatten zum Thema „LI-Fi statt WLAN an Schulen“ ins Hotel am Regenbogen, Cham, eingeladen. Die Teilnehmer kamen aus vielen Orten im ganzen Landkreis, auch aus dem Schulbereich. Der Kreisvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marian Janka, erinnerte an die Fortbildungsveranstaltung zu WLAN an Schulen in 2018 und wies darauf hin, dass der Europäische Gerichtshof sich im Urteil zur Arbeitszeiterfassung v. a. auf den Gesundheitsschutz (gemäß EU-Vorschriften) bezog. Dies sei auch bei WLAN und LI-Fi zu berücksichtigen.

Einleitend referierte Privatdozent Dr. Stefan Scheingraber dem Thema  aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht. Der Contergan-Skandal war nach Aussage Scheingrabers auch ein Anlass für das 1992 mit der UN-Agenda 21 eingeführte Vorsorgeprinzip, das vorsieht keine Technologie einzuführen, wenn mit Gesundheitsgefahren gerechnet werden kann. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit hat Verfassungsrang (Art. 2/2 GG). In mehreren Appellen haben sich Mediziner an die politisch Verantwortlichen gewandt und im Zusammenhang mit dem Mobilfunk „überfällige Vorsorgemaßnahmen“ eingefordert; zuletzt im internationalen Ärzteappell 2012. Während sich die Politik auf die Einhaltung der Grenzwerte beruft, weisen eine Vielzahl von Studien auf gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Mobilfunksysteme unterhalb der Grenzwerte hin.

Anhand einer Folie stellte er die Verflechtungen des ICNIRP (internationale Kommission zum Schutz vor nichtradioaktiver Strahlung) dar; ein industrienaher, von der Bundesregierung mit finanzierter Verein bei München; der 1998 die Grenzwerte erarbeitet hat. Diese wurden von der Bundesregierung so übernommen und bis heute beibehalten.

Schnelles oder gesundes Internet?

Aus der Vielzahl von Studien wählte der Referent sowohl Beispiele für methodische Fehler und damit fragwürdige Ergebnisse, wie auch gut belegte Studien in Bezug auf besonders aggressive Gehirntumore, die in den letzten Jahren anhand einer Grafik gut nachvollziehbar zugenommen haben. Als Positivbeispiele im Zusammenhang mit Tierversuchen an Ratten erwähnte er dabei die groß angelegte US-NTP-Studie, die auch von der italienischen Ramazini-Studie bestätigt wurde. „Brauchen wir ein schnelles oder ein gesundes Internet?“, fragte er provokativ in die Runde. Selbst die Industrie würde sich mittlerweile absichern, wie die Teilnehmer anhand der projizierten Packungsbeilage eines Telekom-Routers erkennen konnten; darin wurde zur Bereitstellung von WLAN empfohlen, diesen nicht in Kinderzimmern aufzustellen. Deshalb gehöre der Vorsorgegedanken auch in den Medienkompetenzunterricht an den Schulen.

Pilotprojekt Li-Fi erfolgreich

Dr. Anagnostis Paraskevopoulos vom Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik ging anschließend auf die Möglichkeiten, Grenzen und Kosten der Li-Fi Technologie ein, als gesundheitlich unbedenklicher Alternative zum WLAN. Als Projektleiter stellte er dabei sehr anschaulich die Einführung und Weiterentwicklung der optischen Drahtloskommunikation (Li-Fi-Technologie) am Hegel-Gymnasium in Stuttgart dar.

Die Daten werden dabei über LED-Deckenlampen mit einer sehr hohen Übertragungsrate an die Endgeräte übertragen. Die Li-Fi-Technologie benutzt LED-basierte Beleuchtungsquellen gleichzeitig als Datensender. Damit wird eine erhebliche Ausweitung der Netzkapazität erreicht und dabei die von den Anwendern erwünschte Mobilität beibehalten. Die optische Datenübertragung vermeidet jede elektromagnetische Interferenz mit Funknetzen und ist per Definition funkfrei.

Das Pilotprojekt arbeite mit einem Tischmodul für die Lehrkraft und Deckenmodulen für die Schüler. Der dreimonatigen Systemspezifikation in einem Schulraum folgte seit Sept. 2017 die Punkt-zu-Punkt-Lösung (P2P). Diese Technik laufe einwandfrei. Für die Schüler sei deren Handhabung selbstverständlich und sie gingen sehr sorgsam damit um. Im Dez. 2019 sei die Li-Fi-Technologie mit mobilen VLC-Tranceivern (1:N) weiterentwickelt worden.

Für die Optimierung der Technik für schulische Belange wäre es wichtig, dass sich weitere Schulen an dem Projekt beteiligen. Politik bzw. Sachaufwandsträger sollten diese in der gegenwärtigen Phase deutlich teurere Alternative (ca. 30.000 € pro Klassenzimmer) im Sinne des gesundheitsbezogenen Vorsorgeprinzips mittragen. Im Kreis Kehlheim laufen bereits Gespräche, mehrere Klassenzimmer mit Li-Fi auszustatten. Allein der Stromverbrauch könne im Zuge der Weiterentwicklung noch auf ein Zehntel reduziert werden.

Vorrang für Gesundheitsschutz

In der anschließend sehr angeregten Diskussion kam bezüglich der Kostenfrage aus dem Publikum der Hinweis, dass die Gesundheit Vorrang vor einer schädlichen Strahlenbelastung haben müsse; auch Krankheiten würden hohe Kosten verursachen. Man müsse die Politik beim Wort nehmen, wenn sie beim Thema WLAN an Schulen sage, dass die Gesundheit oberste Priorität habe. Eine Schulleiterin kritisierte, dass es Sachaufwandsträger gebe, die den Empfehlungen des Kultusministeriums, vor einer Entscheidung zum Einsatz von WLAN Benehmen mit dem Schulforum herzustellen, wenig Beachtung schenken.

Nach vielen weiteren Beiträgen und Anregungen, wie z.B. für eine Li-Fi Klasse im Fraunhofer-Gymnasium als Namensvetter des Fraunhofer Instituts, wurden die Fortbildungsbescheinigungen für Lehrkräfte erteilt; beide Referenten erhielten vom BN-Kreisvorsitzenden Präsente überreicht. Im kleinen Kreise dauerten die Diskussionen anschließend noch bis kurz vor Mitternacht.

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Um sich mal ein bisschen schlau zu machen 2 Links zu Li-Fi: www.youtube.com/watch und www.giga.de/ratgeber/specials/was-ist-li-fi-einfach-erklaert/


24.01.2020 Respekt vor den Wölfen haben


18.01.2020 Wir haben es satt!

Verbraucher und Landwirte aus dem Landkreis Cham nehmen an der Demo „Wir haben es satt“ in Berlin teil

Am vergangenen Samstag haben sich Verbraucher und Landwirte  aus dem Landkreis Cham mit dem vom BN Regensburg organisierten Bus auf den Weg nach Berlin gemacht, um an der gleichzeitig zur Grünen Woche stattfindenden Großdemonstration „Wir haben es satt“ teilzunehmen. Mit dabei war auch der ÖDP-Landratskandidat, Sönke Siebold, der seine Teilnahme so begründete: "Diese Demonstration ist mir so wichtig, da hier Bauern und Konsumenten gemeinsam ein Signal an die Bundesregierung senden. Die aktuelle Agrarpolitik führt zu ungesundem Essen, Tierleid, Resourcenverschwendung und einem dramatischen Rückgang an kleinbäuerlicher Landwirtschaft. Und gerade diese kleingliedrige Landwirtschaft ist essentiell wichtig für den Erhalt von Kulturlandschaft und Artenvielfalt und sichert damit unsere Lebensgrundlage. Ein Wechsel der Agrarpolitik ist dringend erforderlich!"

Nach der Auftaktkundgebung am Brandenburger Tor machte sich der Demonstrationszug, angeführt von hunderten Bäuerinnen und Bauern und 170 Traktoren, auf den Weg durch das Regierungsviertel. Beim Landwirtschaftsministerium forderten die ca. 27.000 Teilnehmer mit Pfeifkonzert, Trommeln und Kochtöpfen eine Kehrtwende in der Agrarpolitik.

Elisabeth Fresen, 29-jährige Bäuerin, brachte es bei der Abschlusskundgebung auf den Punkt: „Wenn Landwirtschaft und Gesellschaft jetzt an einem Strang ziehen, können wir der bauern- und umweltfeindlichen Politik ein Ende machen. Mit einer enkeltauglichen Agrarpolitik und fairen Preisen sind Tierwohl, Insektenschutz und gesundes Essen für alle machbar.“ Laut Bündnissprecherin Saskia Richartz trägt die Bundesregierung die Verantwortung für das Höfesterben und den Frust auf dem Land. Seit 2005, als Angela Merkel Kanzlerin wurde, mussten 130.000 Höfe schließen – im Schnitt gab ein Familienbetrieb pro Stunde auf. Als weitere Redner traten Vandana Shiva aus Indien, Trägerin des alternativen Nobelpreises, Prof. Antonio Andrioli, Brasilien, sowie der Ehrenpräsident des BUND Naturschutz, Prof. Hubert Weiger auf.

Auf der Heimfahrt wurden noch rege Diskussionen geführt; auch über die Aussage von Prof. Andrioli, dass in Brasilien der Urwald auch abgebrannt wird um Zuckerrohrplantagen für Biosprit anzulegen. Der Anbau ist mit einem hohen Pestizideinsatz verbunden, die Spritzmittel werden in Deutschland hergestellt, sind hier allerdings verboten, und führen in Brasilien dazu, dass jeden zweiten Tag ein Mensch an den Folgen des Einsatzes stirbt.