Gerettete Landschaften – Die einzigartige Schönheit des Osser bleibt erhalten
Veröffentlichung in der Natur&Umwelt Heft 04-2015
Auf den Gipfeln des Osser
Im Grunde müsste man ihnen ein Denkmal auf der Osserwiese setzen, den engagierten Lamer Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit dem örtlichen BN zu dem "Aktionsbündnis gegen das Pumpspeicherwerk am Osser” zusammengeschlossen haben. Wenn sie nicht wachsam gewesen wären und ihren Hausberg entschlossen verteidigt hätten, wäre der Osser über Jahre hinweg im Staub und Lärm einer Großbaustelle versunken.
Das wären schlechte Aussichten gewesen für die Luchsfamilie, die dort umherstreift, für die Auerhähne, Haselhühner und viele andere seltene Tier- und Pflanzenarten, die dort oben auf über 1100 Metern Höhe ein Rückzugsgebiet gefunden haben.
Ausgerechnet in der Gipfelmulde wollte ein Münchener Projektentwickler das Oberbecken für ein Pumpspeicherwerk (PSW) errichten lassen - und der Chamer CSU-Landrat Franz Löffler tat alles, um dieses Vorhaben möglichst unbemerkt voranzutreiben. Während er noch abwiegelte und behauptete, offiziell gäbe es keinen Antrag, hatte seine Behörde nach Aussage des Investors bereits die wasserwirtschaftliche Genehmigung für die Wasserentnahme aus dem Lambach (einem Wildbach der Gewässergüteklasse 1) in Aussicht gestellt.
Aber die Lamer Bürger liessen sich nicht übertölpeln. Nachdem schon länger Gerüchte kreisten, gründeten sie im Frühjahr 2014 ein Aktionsbündnis, das sich ein Jahr später als "Schutzgemeinschaft Osser e.V.” konstituierte. Sie recherchierten selbst und fanden beispielsweise heraus, dass die vorgesehene 30 Meter hohe Staumauer keineswegs aus herausgesprengten Natursteinen, sondern aus Stahlbeton hätte errichtet und 20 Meter tief im Fels verankert werden müssen, um dem Wasserdruck standzuhalten. Und dass diese Mauer eine Basisbreite von 70 bis 80 Metern benötigt hätte. Und dass bei den Bauarbeiten radioaktiver Aushub angefallen wäre, weil im Osser Uranadern ("Pechblende”) verlaufen. Und dass bei den notwendigen Sprengungen strahlender Feinstaub freigesetzt worden wäre.
Mit einem Protestmarsch zum Osser, der Übergabe von über 8000 Unterschriften an Staatsministerin Ilse Aigner und vielen anderen Veranstaltungen trat die Schutzgemeinschaft für "ihren” Berg ein. Der Marktgemeinderat Lam ließ die Bürger schließlich in einem Ratsbegehren entscheiden. Die Abstimmung wurde zum überwältigenden Plädoyer Der Lamer für den Osser: 85 Prozent votierten gegen das Pumpspeicherwerk – bei einer Wahlbeteiligung von 78 Prozent.
Wie verheerend die Landschaftseingriffe gewesen wären, sieht man am besten, wenn man vom Wanderparkplatz Sattel den Hauptweg Richtung Osser und von dort weiter zum Kleinen Osser geht. Wo nach einem guten Kilometer der Weg nach rechts zur Osserwiese abzweigt, wäre der Fuß der 30 Meter hohen Staumauer gestanden. Bis fast zur Osserwiese wäre man entlang der Staumauer gegangen, und von der Pracht der dortigen Borstgraswiesen wäre wohl nocht viel übrig geblieben. Vom Kleinen Osser, von dem man heute einen traumhaften Blick über die Osserwiese auf Lam und die weite Umgebung hat, hätte man die Zerstörung dann im Panorama betrachten können.
Mit einem tiefen Gefühl der Erleichterung lassen wir vom Kleinen Osser den Blick über die Osserwiese und den Bayerwald schweifen. Dann gehen wir hinüber zum großen Osser, der uns einen ebenso eindrucksvollen Blick auf den Sumava, die tschechische Seite des Böhmerwaldes bietet. Wie gut, dass die Schutzgemeinschaft Osser und der BN diesen herrlichen Berg für uns und unsere Nachfahren bewahrt haben!
Winfried Berner, Ulrike Rohm-Berner
BÜRGERENTSCHEID RETTET NATURJUWEL AM OSSERGIPFEL
RAUMORDNUNGSVERFAHREN FÜR PUMPSPEICHERKRAFTWERK EINGESTELLT
Das am Ossergipfel im Landkreis Cham geplante Pumpspeicherkraftwerk mit seinen zwei riesigen Speicherbecken wird nicht gebaut!
Nachdem die BürgerInnen vor Ort bei einem Ratsbegehren mit überwältigender Mehrheit dieses natur- und heimatzerstörerische Monsterprojekt abgelehnt hatten und auch der Bischöfliche Stuhl in Regensburg sich gegen eine Grundabtretung entschieden hatte, ist von der Regierung der Oberpfalz endlich auch das Raumordnungsverfahren eingestellt worden.
Der BUND Naturschutz sieht in dieser klaren Entscheidung der Landesplanungsbehörde einen Sieg der Demokratie und der Vernunft, so Hubert Weiger, der 1. Vorsitzende des BN.
Kein Verständnis hat der BUND Naturschutz dafür, dass Vispiron-Chef Amir Roughani offensichtlich nicht bereit ist, diese schon aus Steuerersparnisgründen gebotene Entscheidung zu akzeptieren, betont Richard Mergner, der Landesvorsitzende des BN.
Der BN freut sich über diesen großartigen Erfolg umso mehr, als Aktive des BN zusammen mit der Schutzgemeinschaft Osser vor Ort fast zwei Jahre lang an vorderster Front gegen die drohende Natur- und Heimatzerstörung gekämpft haben und mit diesem Aus für ein ebenso überflüssiges wie unsinniges Pumpspeicherkraftwerk auch ein unübersehbares Signal zugunsten technisch weit sinnvollerer Energiewendetechnologien gesetzt werden konnte.
Wir bedanken uns bei allen Aktiven vor Ort für ihren unermüdlichen Einsatz, gleichzeitig aber auch beim Bischöflichen Stuhl in Regensburg dafür, dass er sich mit seiner Entscheidung gegen einen Grundstücksverkauf auch in einem Konfliktfall klar zu seiner Schöpfungsverantwortung bekannt hat.
Mehr Informationen hier
Gegen das Pumpspeicherwerk am Osser
Die Bürger aus Lam, des Lamer Winkels, des Landkreises Cham und ganz Ostbayerns wehren sich gegen den Bau eines Pumpspeicherwerkes am Osser.
EIN NATURSCHUTZKLEINOD DARF NICHT FÜR EIN UNNÖTIGES PUMPSPEICHERKRAFTWERK GEOPFERT WERDEN
„Wir sehen in Pumpspeicherwerken das Konzept eines technologischen
Auslaufmodells, ohne jegliche strategische Bedeutung für die Umsetzung
der dezentralen Energiewende vor Ort. Bei der Bewertung des Vorhabens
Pumpspeicherwerk am Osser müssen wir also abwägen – unternehmerisches
wirtschaftliches Interesse gegen Naturzerstörung. Unsere
Bewertung ist klar: Das Naturschutzkleinod Osser darf hier nicht für ein
unnötiges Großbauvorhaben geopfert werden“, so Hubert Weiger, Vorsitzender
des BUND Naturschutz in Bayern.
Pumpspeicherwerke sind Relikte der alten Energiewelt. Es gab und gibt
Grundlastkraftwerke, wie Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke, die Tag
und Nacht konstante elektrische Leistung fuhren und fahren und konstante
Mengen an Strom lieferten. Aber die elektrische Last der Verbraucher
war und ist mittags doppelt so hoch wie nachts. Also liefern bis
heute teure Spitzenlastkraftwerke Strom in Zeiten hoher Tagesspitzenlasten
und Tagesspitzenpreise. In dieser Welt verdienten Pumpspeicherwerke
ihr Geld. Sie kauften nachts billigen Überschussstrom ein, pumpten
Wasser vom unteren Becken in das obere Becken, und versorgten
mit diesem hochgepumpten Wasser tagsüber ihre Turbinen und verkauften
so Strom zu teuren Tagespreisen. Für den Atomausstieg und für
den Klimaschutz muss sich diese Welt ändern.
Und die dezentrale Energiewende ändert diese Welt. Die Erneuerbare
Energie Sonne liefert heute an vielen Tagen kostengünstigen Strom in
der Mittagszeit. Und an vielen Tagen liefern auch Windenergieanlagen
große Mengen an Strom, auch tagsüber. Zusätzlich ergänzen flexible Biogas-
Block-Heizkraft-Werke den täglichen Spitzenstrombedarf.
„Der Trend hin zu Erneuerbaren Energie muss und wird zunehmen. In
dieser Welt einer dezentralen Energiewende haben Pumpspeicherkraftwerke
keinen Platz mehr – weder wirtschaftlich, noch technisch, noch
energiepolitisch“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN.
Pumpspeicherwerke sind heute nicht mehr wirtschaftlich. An vielen Tagen
im Jahr übernimmt Strom aus Sonne, aus Wind, aus Biogasanlagen
die Versorgung der Verbraucher – Arbeitszeiten für Pumpspeicherwerke
gehen zurück. Die Betreiber von Pumpspeicherwerken fordern daher zusätzliche
Förderungen, wie den Erlass von Abgaben und Umlagen, wie
die Befreiung von Netzentgelten und von der EEG-Umlage. Notwendig
für die Umsetzung der Energiewende ist jedoch vorrangig der Ausbau
der Erneuerbaren Energie. Geld in die Förderung von Pumpspeicherwerke
zu versenken ist der falsche Weg.
„Pumpspeicherwerke haben typischerweise in Deutschland eine Speicherkapazität
für einen halben Tag. Dies gilt auch für das Vorhaben am
Osser. Die Energiewende benötigt jedoch Langzeitspeicher, um Sonnenenergie
aus dem Sommer für den Winter vorzuhalten oder die Energieernte
aus windstarken Zeiten zu speichern. Für diese wichtige Aufgabe
der Stromspeicherung über Wochen und Monate sind Pumpspeicherwerke
völlig ungeeignet“ erklärt Dr. Herbert Barthel, Energiereferent
des BUND Naturschutz.
Wind- und Sonnenstrom wird dezentral erzeugt. Stromspitzen bei hoher
Produktion aber auch Stromlasten treten daher lokal und dezentral auf.
Speichersysteme mit hoher Kapazität und Flexibilität müssen daher in
Zukunft immer stärker dezentral zur Verfügung stehen. In den kommenden
10 bis 20 Jahren müssen wir für diese Aufgabe bestehende Technologien
nutzen und Ausbauen – mit den entsprechenden politischen Rahmenbedingungen.
Nur dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung kann lokal
schnell und flexibel die Dynamik von Wind- und Sonnenstrom ergänzen,
für eine sichere Stromversorgung. Im Landkreis Cham muss daher verstärkt
die Strom- und Wärmeversorgung mit Block-Heiz-Kraft-Werke vorangetrieben
werden. In dieser Zukunftstechnologie muss Geld und Planung
investiert werden. Für die Entwicklung leistungsfähiger moderner
Stromspeicher auf Basis Batterien und Akkulumatoren müssen mehr
Gelder für Forschung und Entwicklung eingesetzt werden. Diese Technologie
benötigen wir langfristig.
„Der Osser ist einer der markantesten Berge im oberen Bayerischen
Wald, das Wahrzeichen für den Lamer Winkel und der Hausberg von
Lam“, so Robert Kurzmann und Familie Winterstetter von der KG Cham.
Für Rückfragen:
Robert Kurzmann, Vorsitzender BUND Naturschutz Kreisgruppe Cham,
Telefon 09972 3179 sowie
Edeltraud und Paul Winterstetter, BN KG Cham, Telefon 09941 1421