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Schwarzach: Mäander vor Durchstich bewahrt

Ein Storch müsste man sein: Aus luftiger Höhe lässt sich am besten bestaunen, wie schön sich die Schwarzach auf ihrem Weg vom Oberpfälzer Wald bis zu ihrer Mündung in die Naab durch die sanft wellige Landschaft mäandriert. Zugleich bliebe es einem dank der Flughöhe erspart, die Verschlechterungen der Biotopqualität, die dort unten in der Flussaue stattgefunden haben, im Detail zu sehen.

 

Mit den meisten Mäandern wäre es vorbei gewesen, wenn es nach den ursprünglichen Plänen des Wasserwirtschaftsamts Amberg gegangen wäre. Es beabsichtige Ende der siebziger Jahre eine radikale Begradigung des Flusses, um so ein Problem zu lösen, das man 15 Jahre zuvor selbst verursacht hatte, und zwar durch das Anlegen zweier künstlicher Stauseen an den Oberläufen der bayerischen und der böhmischen Schwarzach, die sich ein paar Kilometer unterhalb von ihnen bei Kritzenast zur Schwarzach vereinen.

Diese beiden Kopfspeicher mit den so romantisch klingenden Namen Perlsee und Silbersee sollten eigentlich das Problem der wiederkehrenden Hochwässer lösen. Stattdessen hatten sie die Situation aus Sicht der angrenzenden Landwirte verschlechtert, indem sie die starken, aber nur kurz dauernden Überschwemmungen in langanhaltende flache Hochwässer verwandelt hatten. Für die Bewirtschaftung war diese Dauerüberstauung noch störender als kurze, starke Überflutungen.

 

Sankt Florian in der Wasserwirtschaft

Nun sollten ein Durchstich der Mäander sowie eine Vertiefung des Flussbetts das selbstgemachte Problem lösen. Sie sollten für einen schnelleren Abfluss des ungeliebten Wassers sorgen – ohne zu bedenken, dass man das Problem damit an die Unterlieger weiterreichte: Je schneller starkes Schmelz- und Regenwasser aus den immerhin 845 Quadratkilometern Fläche abfließt, die die Schwarzach entwässert, desto höher die Hochwasserspitzen weiter unten an Naab und Donau. Ist der heilige Sankt Florian etwa auch Schutzpatron der Wasserwirtschaft?

Doch dazu kam es nicht. Die BN-Ortsgruppe Waldmünchen und ein paar engagierte Anwohner legten sich quer. Sie organisierten Protestversammlungen und nahmen engagiert Stellung, unterstützt von der BN-Landesfachgeschäftsstelle in Nürnberg. Zum Dank schoben ihnen die Behörden die Schuld an der Verzögerung des Hochwasserschutzes zu. Wütende Landwirte drohten der BN-Ortsvorsitzenden Marianne Schenk daraufhin an, sie in der Schwarzach zu ersäufen.

 

Ohne Landwirtschaftswende nur eine halbe Sache

Im Interview: Marianne Schenk, langjährigen BN-Ortsgruppenvorsitzenden in Waldmünchen, spricht über den langen und kräftezehrenden Kampf für eine naturnahe Schwarzach.

Marianne, wenn Du heute an der Schwarzach spazieren gehst, mit welchen Gefühlen bist Du da unterwegs?

… gemischte Gefühle: Einerseits bin ich natürlich froh, dass das Flussbett nicht radikal begradigt wurde, wie das noch in den sechziger Jahren üblich war. Die Mäander sind nach wie vor vorhanden, was die Fließgeschwindigkeit reduziert. Andererseits verursacht die intensive Landwirtschaft nach wie vor eine ständige Verschlechterung der Wasserqualität. Es genügt nicht, viel zu schmale Randstreifen vorzuschreiben, die dann auch gar nicht kontrolliert werden. Es fehlt fast überall der breite Bewuchs an beiden Uferseiten. Über weite Strecken ist deshalb ein Spaziergang an der Schwarzach einfach nur langweilig.

Was hat Dich als gebürtige Würzburgerin bewogen, Dich so nachdrücklich für die Schwarzach zu engagieren? Haben Auswärtige vielleicht ein besseres Gespür für die Schönheit dieser ruhigen Landschaft als diejenigen, die dort aufgewachsen sind?

Als ich 1980 von Würzburg nach Waldmünchen zog, war ich von der Natur begeistert. Ich schloss ziemlich schnell Bekanntschaft mit Einheimischen, die ihre heimatliche Natur zu schätzen wussten. Sehr vielen war aber die landschaftliche Schönheit egal, für sie zählte in erster Linie, dass endlich so viele und so breite Straßen wie möglich gebaut würden, damit man die Idylle so schnell wie möglich verlassen konnte.

Wer waren damals Deine wichtigsten Mitstreiter, wie habt Ihr zusammengefunden, und welche Rollenverteilung hat sich unter Euch entwickelt?

Die wichtigsten Mitstreiter vor Ort waren die Mitglieder der Ortsgruppe, allen voran Robert Kurzmann, der damals mein Stellvertreter war. Dann natürlich die berühmt-berüchtigte „Bäuerin von Ast“ (ich weiß gar nicht mehr, wie sie geheißen hat), die ihre Grundstücke, die für den Ausbau erforderlich gewesen wären, mit Zähnen und Klauen verteidigt hat. Helmut Schultheiß hat Exkursionen abgehalten und mit viel Sachverstand Gutachten erstellt. Hubert Weiger hat sich mit seiner bekannten Eloquenz bei Vorträgen und Exkursionen nachdrücklich für unser Anliegen eingesetzt.

Gab es irgendeine Initialzündung für Euren Widerstand, mit dem die Sache losging und mit dem Ihr Euch bemerkbar gemacht habt?

Initialzündung gab es eigentlich keine. Wir haben das Thema mit Gründung der Ortsgruppe Waldmünchen von der Kreisgruppe Cham „geerbt“.

Was waren die anfänglichen Reaktionen von Behörden, Politik und Bevölkerung?

Die anfänglichen Reaktionen waren in erster Linie Unverständnis. Der damalige Waldmünchner Bürgermeister hielt die ganze Ortsgruppe für überflüssig, schließlich sei „bei uns doch alles so schön grün“.

Was waren wichtige Stationen der Auseinandersetzung – Ereignisse, die Dir im Gedächtnis geblieben sind und die sich zu erzählen lohnen?

Ich kann mich vor allem an den Vortrag von Hubert Weiger vor einem Saal voller Schwarzachbauern erinnert, der hohe Wellen geschlagen hat. Wichtig waren die Exkursionen und eine Petition an den bayerischen Landtag mit Ortsbegehung.

Einmal redeten wütende Bauern sogar darüber, Dich in der Schwarzach zu ersäufen – aus heutiger Sicht ein Beleg dafür, dass es "Hate Speech" und Gewaltfantasien auch schon vor den Social Media gab. Wie sehr ist Dir das nahegegangen?

Die Feindseligkeit mancher Landwirte hat mich anfangs weniger, später aber immer stärker belastet. Schlimm fand ich auch, dass sich sogar Mandatsträger der CSU daran beteiligten. Unvergessen die Aussage eines sehr populären Kreisrates, der in einer öffentlichen Veranstaltung, also vor vielen Zeugen, wetterte, die Naturschützer seien für die Abtreibung bis vier Wochen vor der Geburt, regten sich aber über jede totgefahrene Kröte auf. Erfreulicherweise wurde er dafür von einer couragierten freien Mitarbeiterin der Mittelbayerischen Zeitung heftig kritisiert.

Solche Anfeindungen haben letztlich dazu geführt, dass ich nach zwei Wahlperioden nicht mehr als Ortsvorsitzende kandidieren wollte. Mich hatte die Kraft verlassen, und die letzten Kämpfe gegen den Schwarzachausbau haben dann andere geführt.

War der lange und kräftezehrende Kampf für eine naturnahe Schwarzach aus Deiner Sich im Rückblick ein Erfolg, eine Niederlage oder irgendetwas dazwischen?

Den Kampf gegen den Ausbau der Schwarzach sehe ich nicht als Niederlage. Ein durchschlagender Erfolg war es sicher auch nicht, sagen wir so: Es hätte schlimmer kommen können.

Und Dein persönliches Resümee: War es die Zeit, die Kraft, die Nerven wert?

Mein persönliches Resümee: Es war die Zeit, die Kraft und die Nerven wert. Der Kampf gegen den Schwarzachausbau war ein Teil des Kampfes, der zu einem Umdenken in weiten Kreisen der Bevölkerung geführt hat.

Was nach wie vor fehlt, ist eine Änderung der Landwirtschaftspolitik. Das Negativbeispiel ist der Eixendorfer Stausee, der jedes Jahr von Blaualgen überwuchert wird. Mit allen technischen Raffinessen wird versucht, das Problem zu lösen und abseitige Gründe für das Algenwachstum werden angeführt, weil man nicht zugeben darf, dass es am Gülleeintrag aus der Landwirtschaft liegt. Darum meine ständige Forderung: Breite Randstreifen mit Bewuchs, Schluss mit der Güllewirtschaft und den überdüngten Wiesen. Solange sich an diesem Zustand nichts ändert, ist der Sieg gegen den Schwarzachausbau, wie er ursprünglich geplant war, eine halbe Sache.

Interview: Winfried Berner

 

20 Jahre lang wehrten sich der BN und ein paar Grundstückseigner gegen die Begradigung der Schwarzach, bis die Regierung der Oberpfalz 1997 schließlich den Planfeststellungsbeschluss von 1983 aufhob: Ein solcher Eingriff " sei nicht mehr zeitgemäß", hatte das Wasserwirtschaftsamt erkannt.

In der Folge wurde ein Kompromiss erarbeitet: Die landschaftsprägenden Flussschleifen durften bleiben, aber die wechselfeuchten Wiesen mit Trollblumen, Eisenkraut und Iris, die schilfbestandenen Feuchtflächen mit Brutmöglichkeiten vieler Vogelarten, flache Tümpel für Amphibien – das alles wurde zu artenarmem "Grünland", inzwischen auch Ackerland, das oft bis fast an den Rand des Flüsschens reicht. Die seit dem Bienen-Volksbegehren vorgeschriebenen Gewässerrandstreifen werden vielerorts nicht eingehalten und von den zuständigen Behörden offenbar auch kaum eingefordert. Nur einige Biotop-Inseln erinnern noch daran, wie es früher an der Schwarzach ausgesehen hat.

 

Schwarzach-Dokumentation Hubert Weiger, 1983 (pdf)


Eine kleine Schwarzach-Wanderung

Wer sich einen eigenen Eindruck von der Schwarzach verschaffen will, aber kein Storch ist, beginnt am besten an der Brücke in Schönthal, von der man in östlicher Richtung einen guten ersten Eindruck von der verzweigten Flussaue bekommt.

Gleich nach der Brücke gehen wir auf der Uferstraße ein paar hundert Meter flussaufwärts. Bei der ersten Möglichkeit biegen wir nach einer Schnellumtriebsplantage nach links ab, nach dem Bienenhaus nochmal links, und dann gehen über Wiesen, naja, Grünland hin zur Schwarzach. Wo der Weg verschwindet, kann man bei niedrigem Gras weitergehen und dem Ufer weglos flussaufwärts folgen.

Weiter den Fluss entlang, entdecken wir ab und zu eine Biberspur und erreichen kurz vor der Brücke der taldurchtrennenden Umgehungsstraße einen befestigten Weg. Auf ihm unterqueren wir die Brücke, gehen durch ein Wäldchen und durch Felder, bis wir an einer T-Kreuzung links abbiegen und erneut ein Wäldchen durchqueren. Nach 300 Metern führt nach links über einen Steg der Weg Richtung Thurau.

Nach wenigen Schritten erreichen wir einen Rastplatz direkt gegenüber der Mühle, umstanden von einladend schattigen Bäumen. Die Schwarzach ist hier sehr flach, mit großen Steinen im Flussbett und zum Plantschen geeignet. Der Großteil des Wassers wird zur imposanten denkmalgeschützten Thuraumühle geleitet, die derzeit restauriert wird. Der kurze Weg über die Brücke dorthin rentiert sich.

Wir könnten jetzt auf dieser Flussseite durch den Ort Thurau und dann auf Teerstraßen zurückgehen nach Schönthal: leicht zu finden und mit ein paar neuen Ausblicken auf die Schwarzach, aber nicht unbedingt schön zu gehen. Wir ziehen es daher vor, auf dem gleichen Weg zurückzugehen, den wir hergekommen sind.

  • Ausgangspunkt: Schönthal, Schwarzachbrücke
  • Länge: ca. 6 km, fast eben
  • Wegcharakter: Straßen, befestigte Wege, Wiese
  • Einkehr: Schönthal, Waldmünchen